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Wo sind die Antworten aus dem Konrad-Adenauer-Haus auf AfD?
Stefan Lange (51) ist neuer Leiter des Hauptstadtbüros unserer Zeitung. Zuvor arbeitete er als Teamleiter Politik im Berliner Büro von Dow Jones Newswires und dem Wall Street Journal. Lange ist seit 2001 in Berlin und hat dort unter anderem bei verschiedenen Nachrichtenagenturen gearbeitet. Davor war der gebürtige Friese zwölf Jahre lang als Volontär und Redakteur bei einer Tageszeitung in Jever beschäftigt.
Stefan Lange
 |  aktualisiert: 24.08.2019 02:10 Uhr

Dietlind Tiemann (63) ist seit 2017 CDU-Bundestagsabgeordnete. Vorher war sie 14 Jahre lang Oberbürgermeisterin in Brandenburg an der Havel, davor selbstständige Unternehmerin. Sie gehört unter anderem dem wertkonservativen Berliner Kreis der Union an. Am 1. September wird in ihrem Bundesland gewählt

Frage: Frau Tiemann, die Alternative für Deutschland hat hier in Brandenburg ihr Büro direkt neben dem Ihren. Zufall? Oder Absicht der AfD?

Dietlind Tiemann: Nachbarn kann man sich nicht aussuchen.

Aus Sicht der westdeutschen Bundesländer legt sich die AfD wie ein dunkler Schatten auf das schöne Brandenburg. Ein richtiger Eindruck?

Tiemann: Schatten ist nicht der richtige Ausdruck. Die AfD hat ein recht großes Verbreitungsgebiet gewonnen. Und das hat sie, weil die Politik der etablierten Parteien es nicht mehr schafft, die Menschen so zu begeistern und vor allem inhaltlich und zielorientiert mitzunehmen. Stattdessen hören die Menschen einer Partei zu, die ihnen gern nach dem Mund redet – ohne allerdings zu sagen, wie sie ihre Versprechen umsetzen will. Inhaltliche Programmatik vermisst man dabei. Also viel Polemik und heiße Luft.

So oder so, die AfD ist der CDU auf den Fersen. Nach der Bundestagswahl hatte Kanzlerin Angela Merkel eine Analyse versprochen. Antworten auf die AfD sind aus dem Konrad-Adenauer-Haus aber noch nicht sehr viele gekommen, oder?

Tiemann: „Auf den Fersen“, das würde ich so nicht sagen. Es ist richtig, dass gerade die großen Volksparteien an Zustimmung verlieren. Das gilt aber nicht nur für die CDU. Ja, wir haben nach der Bundestagswahl noch keine wirkliche Analyse der Ergebnisse vorgelegt. Das ist aus meiner Sicht auch gegebenenfalls einer der Gründe, warum an uns vorbei die AfD mehr Zuspruch erhält. Wir haben den Wählerinnen und Wählern nicht gesagt, wo wir neu positioniert sind. Wo sind im Ergebnis der Wahlen unsere konkreten Ziele in der Wirtschafts- und Forschungspolitik, in der Stärkung des Mittelstandes, der Industrie, die unser Land voran bringt, und, eng damit verbunden, wie sieht unsere Energie- und Klimapolitik aus. Vor allem haben wir nicht klar genug formuliert, worin wir als CDU unsere Werte sehen, wie für die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land gesorgt werden soll, wie wir mit ihnen gemeinsam gestalten wollen. Eine wirkliche Vermittlung der vielen, von uns bereits erreichten Ziele gelingt uns einfach nicht – oder nicht ausreichend. Wir müssen die anstehenden Wahlen in Brandenburg und Sachsen und später in Thüringen nutzen, um zu zeigen, dass wir als Partei auf Bundes-, Landes- und vor allem auf kommunaler/örtlicher Ebene an einem Strang ziehen.

Sie gehören dem Berliner Kreis an, der die Arbeit im Konrad-Adenauer-Haus und die Arbeit der Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer kritisch begleitet. Hat es Sie versöhnt, dass AKK jetzt ins Kabinett eingerückt ist?

Tiemann: Ich bin eine Anhängerin von Angela Merkel, ich schätze sehr, was sie geleistet hat. Annegret Kramp-Karrenbauer ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit, die für ihre Arbeit von uns allen sehr geschätzt wird. Ich denke, dass sie sich möglicherweise mit der Doppelfunktion überfordert. Es gibt derzeit so viele Aufgaben in der Partei. Wir benötigen Führung und einen klaren Kurs, bei dem wir die Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem die Mitglieder mitnehmen. Diese zukunftsweisende Ausrichtung der CDU wird ausschlaggebend für die nächsten Jahre und die folgenden Bundestagswahlen sein. Das kostet viel Kraft und Engagement. Allein die Entwicklung unseres neuen CDU-Grundsatzprogramms ist eine riesige Herausforderung. Bei dem darin fest verankerten und aus meiner Sicht entscheidenden Thema der gleichwertigen Lebensverhältnisse wird die Partei sich beweisen müssen. In dieser Situation mit dem Bundesministerium der Verteidigung ein Feld zu übernehmen, das nicht so gut bestellt ist, halte ich persönlich für zu umfangreich.

Ein großes Handlungsfeld für die CDU ist der Klimaschutz.

Tiemann: Ich betrachte es so, dass wir gegenüber der Umwelt eine vergleichbar hohe Verantwortung tragen wie gegenüber den Menschen in unserem Land. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass es den Menschen gut geht – dazu zählen der Arbeitsplatz, die Sicherheit, Bildung und soziale Absicherung. Auf der anderen Seite müssen und wollen wir Klima und Umwelt im positiven Sinn erhalten und für die Zukunft mit Augenmaß und Nachhaltigkeit stärken. Ein Spagat, der uns als CDU gut gelingen kann, wenn wir klar und deutlich formulieren, wie gut wir bereits vorangekommen sind und worin unsere Zielstellung besteht. Das ewige Hin und Her sollten wir nicht von anderen übernehmen oder uns treiben lassen. Die Maßnahmen müssen immer im nationalen aber ganz besonders im internationalen Maßstab betrachtet werden. Sehr eng damit verbunden ist eine wirklich in die Zukunft gerichtete Energiepolitik, die von Stabilität und vor allem Tragfähigkeit geprägt sein muss.

Ein Wort zur SPD. Da wagen sich nun große Namen aus der Deckung. Reicht das Ihrer Meinung nach, um die SPD und die Große Koalition zu stabilisieren?

Tiemann: Nein. Was sich da an der Spitze der SPD abspielt, macht den Rest ihrer Glaubwürdigkeit kaputt.

 
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