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BERLIN
Wirtschaft macht GroKo Dampf für geringere Steuern
Symbolbild Schwarzarbeit       -  Auch Handwerksunternehmen leiden unter der Steuerlast.
Foto: Archivdpa | Auch Handwerksunternehmen leiden unter der Steuerlast.
Christian Grimm
Christian Grimm
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:21 Uhr

Dass die Große Koalition nicht nur beim Wähler, sondern auch bei den Unternehmen dramatisch an Vertrauen eingebüßt hat, ist kein Geheimnis. Der Grund: Der Wirtschaft sind die Steuern zu hoch. Ihre Vertreter schicken deshalb pünktlich zur Klausur der Koalitionsspitzen von CDU, CSU und SPD die klare Forderung nach Berlin, die Abgabenlast zu senken.

„Die meisten Industriestaaten, wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Schweden, haben inzwischen breite Steuersenkungen für ihre Betriebe beschlossen. Hierzulande wird die überfällige Reform der Unternehmenssteuern bis zur nächsten Rezession verschoben“, sagte der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, dieser Redaktion.

Der Frust ist groß

Der Wirtschaftsflügel der Union hat die Nase nach anderthalb Jahrzehnten unter Kanzlerin Angela Merkel mit ihrer „Sozialdemokratisierung“ der Konservativen reichlich voll. Der Frust ist groß, weil in den Aufschwungsjahren mit satten Staatsüberschüssen keine Steuersenkung für Firmen durchgesetzt werden konnte. Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist in weite Ferne gerückt, weil die dafür nötigen zehn Milliarden Euro nicht einfach aufzutreiben sind. Nun drohen den Unternehmen mit einer CO2-Steuer zum Schutz des Klimas sogar steigende Abgaben. „Den nach wie vor richtigen Satz Bill Clintons 'It?s the economy, stupid' möchte man den politischen Irrläufern zurufen, die sich in Enteignungsfantasien und immer neuen Steuerideen wie einer Klimasteuer ergehen“, schimpfte Steiger über Schwarz-Rot. Er monierte eine „permanente Selbstbeschäftigung“ der drei Parteien des Regierungsbündnisses.

Hinter der Koalition liegen zwei Chaoswochen, die im Abgang von Andrea Nahles als Partei- und Fraktionschefin der SPD gipfelten. Aber auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ist alles andere als unangefochten. Immer wieder fällt der Name des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, der ihr die fest anvisierte Kanzlerkandidatur streitig machen könnte.

Wirtschaftrat auf die Palme gebracht

Zurück zu den Themen, lautet also das Motto der Großen Koalition. Auf dem Zettel stehen der Ausbau des Mobilfunknetzes nach Abschluss der Auktion für die Frequenzen des neuen Mobilfunkstandards 5G, die Finanzierung der Pflege in einer älter werdenden Gesellschaft sowie die Streichung des Soli. Die Abschaffung auch für die obersten zehn Prozent der Steuerzahler, wozu auch viele Unternehmen als Personengesellschaften zählen, hat die SPD ausgeschlossen. Unterstützung bekommt sie dabei von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus, was seinen Wirtschaftsrat auf die Palme bringt. Dieser erwartet zumindest ein Signal, dass auch für Gutverdiener der Zuschlag zur Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer abgebaut wird. Denkbar wäre zum Beispiel eine schrittweise Reduktion. Versprochen hat die Koalition, dass der Soli ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler gestrichen wird.

Rückendeckung bekommt der CDU-Wirtschaftsflügel vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der von SPD und den Unionsparteien ebenfalls verlangt, die Steuern zu senken, um die Konjunktur anzuschieben. „Die Unternehmen brauchen Entlastungen als Impuls für private Investitionen. Daher sollte die Politik Steuerentlastungen für die Betriebe in Angriff nehmen“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer dieser Redaktion. Geschehe das nicht, habe die Bundesrepublik unter den Industrieländern bald die höchsten Steuersätze.

Viel zu viele Regelungen und eine große Unübersichtlichkeit

Der DIHK-Präsident, der die gesamte Breite der deutschen Wirtschaft vertritt, rief die Koalition zudem auf, das Bürokratiedickicht zu stutzen. „Neben der nennenswerten Verkürzung von Aufbewahrungsfristen für Steuerunterlagen um mehrere Jahre sind es vor allem die Fülle und Unübersichtlichkeit an Regelungen, die in Unternehmen die Spielräume für ihr eigentliches Geschäft einengen“, meinte er.

Die Unternehmen müssen sich hierzulande auf ein schwächeres Wachstum einstellen, was vor allem an den eskalierenden Handelskonflikten liegt.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 0,6 Prozent, wie die Forscher am Donnerstag bekanntgaben. Bisher erwarteten sie ein Plus von einem Prozent. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle bestätigte seine Vorhersage von einem halben Prozent Wachstum.

 
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