Nach dem Fahndungserfolg im Fall der getöteten Freiburger Studentin sorgt eine Festnahme im Zusammenhang mit Sexualdelikten im Bochumer Uni-Viertel für Aufsehen. In der Revierstadt wurde ein 31 Jahre alter Mann unter Vergewaltigungsverdacht festgenommen. Opfer waren zwei chinesische Studentinnen. Der Tatverdächtige sei Asylbewerber, stamme aus dem Irak und habe mit seiner Frau und zwei Kindern in einer Flüchtlingsunterkunft in der Nähe der Tatorte gelebt, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann am Dienstag.
Der mutmaßliche Täter sei mit seiner Familie im Dezember 2015 nach Deutschland gekommen. Nun sitzt er in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann unter anderem versuchten Mord, Vergewaltigung und gefährliche Körperverletzung vor. Laut Bachmann bestreitet er die Vorwürfe.
Laut DNA-Test wurden zwei Taten vom selben Mann begangen
Im August war eine 21-jährige Studentin schwer verletzt worden. Der Täter hatte versucht, die Frau zu vergewaltigen. Im November wurde eine 27-Jährige zum Opfer. Hier kam es auch zu einer Vergewaltigung. Die Polizei hatte mit Phantombildern nach dem Angreifer gesucht. Ein DNA-Test hatte zuvor ergeben, dass beide Taten vom selben Mann begangen worden waren.
Der entscheidende Hinweis kam vom Lebensgefährten des zweiten Opfers. Dieser hatte vergangene Woche in einem Gebüsch in unmittelbarer Nähe des Tatorts einen Mann bemerkt. Geistesgegenwärtig machte er mit dem Handy zahlreiche Fotos. Der Verdächtige rannte daraufhin weg. Mit den Bildern konnte die Polizei den Tatverdächtigen wenig später in einer Flüchtlingsunterkunft in der Nähe ausfindig machen. Er gab eine Speichelprobe ab. Als diese mit der Täter-DNA abgeglichen war, wurde der Mann festgenommen. Nach Angaben der Polizei wird nun überprüft, ob er mit weiteren Straftaten in Zusammenhang steht.
Auch der Fall der getöteten Freiburger Studentin sorgt weiter für Diskussionen: Nach der Festnahme eines 17-jährigen tatverdächtigen Flüchtlings wird der Ruf nach einer umfassenderen Auswertung von DNA-Spuren lauter. Hintergrund: Bislang darf DNA, die an einem Tatort gefunden wird und wahrscheinlich vom Täter stammt, laut Gesetz nicht auf Merkmale wie Augen-, Haar- oder Hautfarbe analysiert werden – auch wenn sich damit die Suche eingrenzen ließe. Bundesjustizminister Heiko Maas zeigt sich offen für eine Diskussion darüber.
Im Fall der in Freiburg getöteten Studentin sitzt seit Freitag ein 17-Jähriger unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. Der Flüchtling aus Afghanistan soll eine 19-jährige Studentin Mitte Oktober vergewaltigt und getötet haben.
Die Berichterstattung der „Tagesschau“ wird kritisiert
Der Fall hatte eine Diskussion über die Berichterstattung in den Medien über mögliche Straftaten durch Flüchtlinge ausgelöst. Vor allem der Umgang der ARD-„Tagesschau“ mit dem Mord bleibt umstritten. Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Ansgar Heveling, kritisierte die Entscheidung, am Samstag in der 20-Uhr-Hauptausgabe nicht über die Festnahme des tatverdächtigen Flüchtlings aus Afghanistan zu berichten. Die Redaktion hatte dies zunächst damit begründet, es habe sich um ein „regionales“ Thema gehandelt.
Inzwischen berichteten die ARD-„Tagesthemen“ doch darüber – mit der Begründung, der Fall habe nun eine politische Dimension bekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte dazu klar: „Wenn es sich herausstellen sollte, dass es ein afghanischer Flüchtling war, dann ist das absolut zu verurteilen – genauso wie bei jedem anderen Mörder –, aber auch ganz deutlich zu benennen. Und dann sage ich, dass damit aber nicht die Ablehnung einer ganzen Gruppe verbunden sein kann, so wie wir auch sonst nicht von einem auf eine ganze Gruppe schließen können.“
In Freiburg selbst verändere sich die Stimmung, sagt eine junge Frau, die unweit des Tatorts zum Joggen aufbricht. „Ich hätte früher nie gedacht, dass man sich hier mal Gedanken machen muss, ob man bei Dunkelheit noch sicher unterwegs sein kann.“ Solche Ängste gebe es nun. Verbrechen sind zu einem beherrschenden Thema geworden. Sie werfen ein anderes Licht auf die Studentenstadt im Südwesten, die vielen bislang als liebenswürdig und vergleichbar sicher galt. Plötzlich steht nicht mehr die hohe Lebensqualität in der viertgrößten Stadt Baden-Württembergs im Fokus, sondern eine Serie von Verbrechen.
„Freiburg ist kein Bullerbü“, sagt der Oberbürgermeister
Da ist nicht nur der gewaltsame Tod der 19-jährigen Studentin Mitte Oktober. Hinzu kommen ein weiterer ungeklärter Frauenmord in Endingen bei Freiburg sowie weitere tödliche Verbrechen, die sich zeitlich häuften. So starb im Oktober ein Mann, der auf einem Platz in der Innenstadt von zwei Männern geschlagen worden war, nachdem er öffentlich uriniert hatte. Es gab, ebenfalls in der Stadt, mehrfach Übergriffe auf Frauen. Mitte November erstach ein 39-Jähriger seinen 21 Jahre alten Neffen.
„Wir haben es mit einem Phänomen zu tun, das uns alle herausfordert“, sagt Freiburgs Polizeipräsident Bernhard Rotzinger. Die Häufung solch schwerer Verbrechen sei zufällig, es handele sich um Einzeltaten. Doch diese beeinträchtigten das Sicherheitsgefühl der Bürger. Und „Freiburg ist eben kein süddeutsches Bullerbü“, erklärt Oberbürgermeister Dieter Salomon die Tatsache, dass die Stadt seit Jahren die Kriminalitätshochburg in Baden-Württemberg ist.