Was der Chef des Parlamentskreises Mittelstand verlauten ließ, klang für die einen wie eine Verheißung, andere mussten es als Drohung verstehen. „Wir werden diese Woche nutzen, um deutlich zu machen, dass die CDU und auch die Bundesrepublik Deutschland auf eine Person wie Friedrich Merz nicht verzichten können“, sagte Christian von Stetten.
Der CDU-Politiker sprach mindestens den 161 Unions-Abgeordneten aus der Seele, die dem Parlamentskreis angehören. Die Gegner von Merz indes werden es nicht gerne hören, und noch jemand nicht: Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Denn wenn Merz kommt, dann möglicherweise als Altmaiers Nachfolger.
Nicht der allerbeste Ruf
Auf die wirtschaftspolitischen Qualitäten des Blackrock-Aufsichtsratschefs und Juristen Merz setzen offenbar nicht nur der Parlamentskreis Mittelstand oder die Mittelstandsvereinigung MIT. Auch der mächtige Landesverband Baden-Württemberg forderte sie ein. Die Union müsse neue Akzente in der Wirtschaftspolitik setzen, hieß es in Stuttgart. CDU-Landeschef Thomas Strobl ließ sich in diesem Zusammenhang den süffisanten Hinweis nicht nehmen, dass knapp die Hälfte der Delegierten auf dem Bundesparteitag ihre Erwartungen in den Kandidaten Merz projiziert hätten.
Der Ruf nach Merz als neuem Wirtschaftsminister hat nicht nur mit der Merz?schen Strahlkraft, sondern eben auch etwas mit dem Stelleninhaber zu tun. Denn Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier genießt in der Wirtschaft nicht den allerbesten Ruf. Als „Ankündigungsminister“ ist der 60-Jährige dort verschrien. Unternehmen erwarten sich mehr Initiative vom CDU-Politiker. Altmaier hält Ansprachen auf Kongressen, ist viel im Ausland unterwegs. Doch den Worten folgen aus Sicht der Wirtschaft eben nicht genügend Taten. Die Vorstellung der sogenannten Gründungsoffensive geriet kürzlich fast zur Farce. Als Altmaier das Papier in der Bundespressekonferenz vorstellte, kamen nur wenige Journalisten.
Ein Schuss Eitelkeit darf dem Wirtschaftsminister auch unterstellt werden. So verfügt Altmaier über beeindruckende Sprachkenntnisse, er ist unter anderem des Niederländischen, des Französischen und des Englischen mächtig. Aber diese Fähigkeiten reibt er dem Publikum manchmal zu oft unter die Nase. Bei einer Paris-Reise bestritt er sämtliche Pressekonferenzen auf Französisch und brachte die Journalisten beider Seiten auf die Palme. Denn die deutschen Medien verlangte es nach einem deutschen O-Ton, die französischen waren sich am Ende nicht immer sicher, ob sie Altmaier richtig verstanden hatten. Während man solche Dinge noch als Petitesse abtun könnte, gibt es auch grobe handwerkliche Vorwürfe. So ließ er erst eine steuerliche Entlastung der Unternehmen im Volumen von 20 Milliarden Euro durchsickern, um dann wieder auf Abstand zu gehen. „Damit hat der Wirtschaftsminister nichts zu tun“, wich er aus und erklärte, das Papier stamme von Fachleuten seines Ministeriums.
Rüge vom Bundesrechnungshof
Besonders dicke kam es Ende September, als der Bundesrechnungshof Altmaiers Führungsqualitäten frontal angriff. Die obersten Rechnungsprüfer warfen ihm völliges Missmanagement bei der Umsetzung der Energiewende vor. „Ernüchternd ist vor allem: Der enorme Aufwand, der betrieben wird, die großen Belastungen für Bürger und Wirtschaft, all das steht in krassem Missverhältnis zu dem bisher dürftigen Ertrag“, schrieb Rechnungshof-Präsident Kay Scheller dem Wirtschaftsminister eine Sechs ins Zeugnisheft.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Merz wollen sich demnächst treffen, um über die politische Zukunft zu reden.