Es bringt die FPÖ unter Druck, weil ihr Parlamentsabgeordneter Wolfgang Zanger zur Schülerverbindung „Pennales Corps Austria zu Knittelfeld“ gehört, die das Buch ebenso wie die Grazer Burschenschaft „Cheruskia“ verwendet hat. Zanger ist nicht bereit, sich von dem Liederbuch zu distanzieren, obwohl dies unter anderem den Gruß „Heil Hitler“ enthält und der „reiche Rothschild“ in einem Lied „das größte Schwein“ genannt wird. Er werde „niemals zurückweichen“, heißt es auf Facebook.
FPÖ-Chef Norbert Hofer, der sich bei seiner Wahl zum Parteivorsitzenden ein Durchgriffsrecht in solchen Fragen hatte geben lassen, wird jetzt aufgefordert, Konsequenzen zu ziehen. Der verfassungspolitische Sprecher der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), Wolfgang Gerstl, erklärte, die Texte „zeigen, wie stark der Antisemitismus in der Zanger-Burschenschaft verankert ist“. Zangers Rücktritt sei unausweichlich, Hofer müsse durchgreifen.
Hofer dagegen verteidigte Zanger. Der Inhalt des Liederbuchs sei „vulgärer und gefährlicher Müll“, aber man dürfe einen Politiker nicht in eine Nazi-Diskussion verwickeln, weil er ein Buch geschenkt bekommen habe, so Hofer. Es handele sich um eine „durchsichtige Schmutzkübelkampagne vor der Wahl“, erklärte der FPÖ-Europaabgeordnete Harald Vilimsky.
Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, fordert deshalb Hofers Rücktritt als Mitglied des Parlamentspräsidiums. Er habe sich „disqualifiziert“, es folgten den Worten wie so oft keine Taten. „Damit seien die Nazi-Lieder ein FPÖ-Skandal“, so Deutsch. Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) fordert Hofer auf, sein „starkes Durchgriffsrecht“ zu nutzen. „Es muss einen deutlichen Schnitt geben“, sagte Sobotka.
Dass Hofer zögert, wird ihm als Schwäche ausgelegt. In der neuen FPÖ-Parlamentsfraktion sind zwölf von 30 Abgeordneten Burschenschaftler. Außerdem muss die FPÖ-Spitze damit rechnen, dass Heinz Christian Strache, der wegen der Ibiza-Affäre zurücktreten musste, seine eigenen politischen Fäden spinnt. Noch wurde er nicht aus der FPÖ ausgeschlossen. Seine Ehefrau Philippa dagegen schon.
Der Abgeordnete Zanger ist bereits einschlägig vorbelastet. Er fiel schon durch die Teilnahme an einer Demonstration der Identitären auf. Außerdem hatte er 2006 in einem Fernseh-Interview gesagt: „Natürlich hat es gute Seiten am Nationalsozialismus gegeben.“ Gemeint sei der Autobahnbau gewesen, so Zanger damals.
Zahlreiche Künstler, darunter Elfriede Jelinek, Michael Köhlmeier und Karl Markovics, haben am Sonntag eine Petition veröffentlicht, in der der Rücktritt Zangers und die Publikation aller Liederbücher österreichischer Burschenschaften gefordert wird. Die Abgrenzung der FPÖ gegenüber den Burschenschaften müsse von den anderen Parteien zur Voraussetzung für eine Zusammenarbeit auf allen politischen Ebenen gemacht werden. Die Burschenschaften hatten sich geweigert, der FPÖ für ihren Historikerbericht Material zur Verfügung zu stellen.
2018 war in Niederösterreich ein ähnliches Liederbuch aufgefallen. Der FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer war damals zurückgetreten. Er ist inzwischen wieder als Landesvorsitzender im Amt, da ihm strafrechtlich nichts vorgeworfen werden konnte. Foto: afp