
Die Ibiza Affäre, derentwegen im Mai die österreichische Regierung zerbrach, hat jetzt zu ersten Verhaftungen geführt. Sechs Verdächtigen wird unter anderem Nötigung, Betrug, Missbrauch von Abhörgeräten und Urkundenfälschung vorgeworfen. Nach Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen von Handy-Daten fanden die Ermittler der Soko Ibiza Hinweise auf politische Korruption und Untreue in der türkisblauen Regierung. Betroffen sind neben dem ehemaligen FPÖ-Chef Heinz Christian Strache auch Politiker der Österreichischen Volkspartei. Es geht beispielsweise um einen Vorstandsposten der "Casinos Austria", der im Gegengeschäft gegen Lizenzen für Online-Glücksspiel an einen FPÖ-Funktionär vergeben wurde. Das zumindest legen jetzt öffentlich gewordene WhatsApp Nachrichten und Email-Verläufe nahe.
Das von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Handy Straches erweist sich als Goldgrube für die Ermittlungen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt wegen Korruption, Untreue und Amtsmissbrauch. Die wegen des Ibiza-Videos festgenommenen Personen sollen die Vorbereitungen für die Videoaufnahme vom damaligen Vizekanzler Heinz Christian Strache getroffen haben. Sie hatten demnach auch die Frau ausgebildet, die in dem Video als russische Oligarchennichte auftritt. Sie versuchten, das Video nach dem Dreh 2017 verschiedenen möglichen Interessenten zu verkaufen. Nachdem das insgesamt siebenstündige Video in den Medien nur zum Teil gezeigt worden war, soll ein weiterer Bosnier, der wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zur Fahndung ausgeschrieben ist, Strache das gesamte Video im Sommer dieses Jahres zum Preis von 400000 Euro zum Kauf angeboten haben. Ob auch politische oder nur kriminelle Motive eine Rolle spielen, bleibt unbeantwortet.
Im Ibiza-Video hatte Strache davon gesprochen, wie Unternehmen, an denen die Republik Österreich beteiligt ist, für politische Gegengeschäfte benutzt werden können. Diese Absicht realisierte er in der Besetzung des Vorstands der Casino Austria. An dem Glückspielkonzern sind neben dem Staat auch die tschechische Sazka Gruppe und der österreichische Glückspielkonzern Novomatic beteiligt. Der Novomatic soll die FPÖ neue Lizenzen für das Online-Spiel angeboten haben. Im Gegenzug nominierte die Novomatic den für die Position unqualifizierte FPÖ-Funktionär Peter Sidlo als Finanzvorstand der Casinos Austria. Der damalige österreichische Finanzminister Herwig Löger, ÖVP, stimmte zu, die Sazka Gruppe enthielt sich.
Dokumentiert wird in den Kurzmitteilungen, dass auch ÖVP-Politiker von dem Vorhaben wussten und ihre Zustimmung gegeben hatten. Der Finanzminister der türkisblauen Regierung Herwig Löger hat als Verantwortlicher bereits seinen Rückzug aus der Politik erklärt. Er beteuert, Sebastian Kurz habe nichts von den Absprachen gewusst. In einer der veröffentlichten Kurzmitteilungen schreibt Strache: "Bitte alle Vereinbarungen, welche mit Löger, Schmidt und Co. getroffen wurden, sammeln und für mich dokumentieren. Kurz will nichts davon wissen und das geht nicht."
Dies wird als Hinweis darauf verstanden, dass Sebastian Kurz als Kanzler nicht beteiligt war. Genaues soll ein "Posten-und Korruptions-Untersuchungsausschuss" des Parlamentes klären, der in der kommenden Woche bei einer Sondersitzung des neuen Parlaments von Grünen, Sozialdemokraten und liberalen Neos eingesetzt werden wird. Die Grünen fordern, den Postenschacher der vergangenen Jahre zum Thema zu machen, das bedeutet, dass auch die jahrelange Vergabe von Positionen nach den Parteibüchern von SPÖ und ÖVP zu untersuchen. Das lehnt die SPÖ bisher ab.