
Wie gefährlich ist es, einem Computer das Lenkrad zu überlassen? Obwohl in den USA zum ersten Mal ein Mensch von einem selbstfahrenden Auto getötet worden ist, will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer das autonome Fahren auch in Deutschland weiter testen. „Unser Ziel ist es, die Systeme ausführlich, präzise und alltagstauglich weiterzuentwickeln – auf der Autobahn und in Innenstädten“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Deutschland müsse „die großen Chancen von digitalen Innovationen für die Mobilität nutzen“, fordert der CSU-Politiker. Voraussetzung für die Alltagstauglichkeit seien allerdings Sicherheit und technische Zuverlässigkeit.
Im US-Staat Arizona war eine Fußgängerin von einem autonom fahrenden Auto erfasst worden. In deutschen Innenstädten gibt es solche Probefahrten derzeit nicht. Wenn es nach Kurt Gribl geht, soll das auch so bleiben. „Erst wenn die technischen Möglichkeiten weiter ausgereift sind, insbesondere was den Sicherheitsaspekt betrifft“, werde man sich damit befassen, sagt der Präsident des Bayerischen Städtetages. Er spricht sich dafür aus, die Technologie auf abgesperrten Teststrecken weiterzuentwickeln.
Testfahrten nur mit Fahrer
Schon jetzt finden Probefahrten auf Autobahnen statt, zum Beispiel auf einem Abschnitt der A 9. Dabei befindet sich immer ein Fahrer an Bord, der im Notfall eingreifen kann. „Die letzte Verantwortung muss auch in Zeiten autonomen Fahrens immer der Mensch tragen“, sagt ein Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie. Ganz ohne den Menschen wird nur im digitalen Parkhaus der Zukunft getestet. Dort steigt der Fahrer am Eingang aus und das Auto sucht sich dann selbst einen Stellplatz.
In Friedrichshafen wird es ab Herbst eine Teststrecke im Stadtverkehr geben. Dem hat der Gemeinderat der Stadt am Bodensee gerade zugestimmt. Auch dort soll in jedem Testfahrzeug ein speziell geschulter Fahrer sitzen, um eingreifen zu können. Städtische Teststrecken gibt es auch in Bremen oder Wuppertal.
"Vertrauen in Systeme nicht verlieren"
Um die Frage zu beantworten, wie viel Macht Computer über den Straßenverkehr bekommen sollen, hat die Bundesregierung schon vor Jahren eine Ethikkommission eingesetzt. Die gab am Ende eine klare Antwort: Fahrzeuge, die nicht vom Menschen gesteuert werden, sind wesentlich sicherer – und deshalb ist es ethisch geboten, sie zu entwickeln und einzusetzen.
Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger war Mitglied der Kommission. Für ihn gibt es keinen Zweifel: „Der Mensch ist der Unfallgenerator Nummer eins im Straßenverkehr.“ Nur durch den Einsatz intelligenter, lernender Systeme werde der Verkehr sicherer, sagt Losinger. Er betont aber zugleich: „Weder mit einem Computer noch mit einem Menschen am Steuer wird es im Straßenverkehr ein ewiges Leben geben.“ Bei dem Unfall in den USA saß im Übrigen ein Mitarbeiter des Taxiunternehmens Uber am Steuer, doch auch er konnte den Zusammenstoß nicht mehr verhindern. Dass Uber den Testbetrieb nun eingestellt hat, hält Losinger für richtig: „Die Menschen dürfen das Vertrauen in die Systeme nicht verlieren. Deshalb muss die Unfallursache aufgeklärt werden.“
Fahrlässigkeit des Auto-Herstellers vermutet der Würzburger Strafrechtsprofessor Eric Hilgendorf hinter dem Unfall. Der Wagen in den USA sei offenbar zu schnell gefahren, so Hilgendorf, der ebenfalls in der Ethikkommission vertreten war. In Deutschland wäre in einem solchen Fall die Rechtslage klar, sagt der Wissenschaftler: Der Hersteller haftet wegen fahrlässiger Tötung, wenn man ihm Fahrlässigkeit vorwerfen kann – also wenn er die Systeme nicht so sicher gemacht hat wie erforderlich und möglich. Hierzulande seien keine neuen Gesetze nötig, „wohl aber ein Nachjustieren unserer Vorstellungen über die Schutzmaßnahmen und Sorgfaltsanforderungen, die wir von Herstellern erwarten“.