Der Nato-Generalsekretär war überaus angetan über den Vorstoß aus Deutschland. „Das ist ein wertvoller Vorschlag“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg zum Auftakt des zweitägigen Außenminister-Treffens der Allianz in Brüssel. Nach den heftigen Debatten über die Analysen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der das Bündnis als „hirntot“ bezeichnet hatte, bemühte sich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) darum, mit einer neuen Idee die Lage zu beruhigen. „Die Nato ist eine Lebensversicherung für Europa“, sagte er am Mittwoch. „Sie bleibt ein Erfolgsmodell.“ Allerdings müsse man den politischen Arm stärken.
Dazu, so der Minister, schlage er ein Expertengremium vor, das dem Bündnis sage, wie man „spalterische Tendenzen“ in Zukunft bekämpfen könne. Es war der Auftakt zu einem auf Harmonie getrimmten Treffen. Denn in zwei Wochen kommen die Staats- und Regierungschefs der 29 Bündnisstaaten in London zu einem besonderen Nato-Gipfel zusammen: Die Allianz feiert ihr 70-jähriges Bestehen. Und da möchte man möglichst keine Kritik hören. Da passte der Vorschlag des deutschen Außenministers gut, weil er verhindern soll, dass sich die Staatenlenker gegenseitig mit Untergangsdiagnosen zu übertreffen versuchen. Stattdessen, so Maas, brauche die Nato „politische Frischzellen – in einem Prozess, der zentrale transatlantische Fragen in den Blick nimmt.“
Und so begann das Treffen am Mittwoch denn auch mit einer tatkräftigen Ankündigung, die zeigen sollte, dass das Bündnis nicht an Rückschritt denkt. Die im deutschen Geilenkirchen (bei Aachen) stationierten 14 Awacs-Aufklärungsjets werden nicht nur auf den neuesten technischen Stand gebracht, sondern noch bis ins Jahr 2035 eingesetzt. „Ich kann bestätigen, dass wir einen Vertrag unterschreiben werden, um die Awacs-Flotte aufzurüsten und zu modernisieren“, bestätige Stoltenberg. Für den deutschen Standort ist das eine langfristige Zusage. Zuvor waren Zweifel aufgekommen, ob die Allianz die eigentlich veralteten Boeing 707-Maschinen mit dem unübersehbaren „Pilz“ noch länger im Dienst lassen könne.
Die Bundesregierung teilte ferner mit, dass sie mit ihrem Bemühen, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu erhöhen, vorankomme. Im kommenden Jahr werde Berlin 50,3 Milliarden Euro an die Allianz überweisen, das seien dann immerhin schon mal 1,42 Prozent.
Doch die Zerwürfnisse innerhalb der Nato gehen weiter: Zwar widersprach Washingtons Nato-Botschafterin Kay Bailey Hutchison dem Eindruck, US-Präsident Donald Trump distanziere sich mehr und mehr von der Allianz, aber die übrigen Mitglieder blieben skeptisch. Hinzu kommt eine wachsende Verärgerung über das Mitglied Türkei – nicht nur wegen der militärischen Intervention in Nordsyrien, sondern auch wegen der immer weiteren Annäherung an Russland. Schließlich hatte Ankara vor einigen Monaten ein Raketenabwehrsystem in Moskau eingekauft.