Klausurtagungen können ganz unterschiedlich abgehalten werden. Nimmt man die jährliche Veranstaltung der CSU-Landesgruppe, geht es um Aufmerksamkeit. Die Christsozialen wollen zum Jahresauftakt ein paar Polit-Knaller loslassen, was ihnen meistens auch gelingt. Klausurtagungen der CDU hingegen verpufften in den Jahren mit Angela Merkel an der Spitze immer mehr. Mit Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer gehen solche Tagungen nun sogar nahezu windstill über die Bühne. Was kein Nachteil sein muss.
Angela Merkel war in ihrer Zeit als Parteivorsitzende nie eine Stimmungskanone. Der Kanzlerin durfte unterstellt werden, dass sie auf Wahlkampfveranstaltungen keine Lust hatte, Klausurtagungen als Zeitverschwendung empfand und solche Termine deshalb ebenso eilig wie eisig absolvierte. Kramp-Karrenbauer scheint noch ein paar Stufen abgekühlter unterwegs zu sein. Es ist aber an der Zeit, das als ihren Stil zu begreifen.
Kramp-Karrenbauer wurde vor ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden scharf kritisiert, sie wurde auf dem Hamburger Wahlparteitag kritisiert und danach riss die Kritik nie richtig ab. Es gibt zwei Arten, darauf zu reagieren: Attacke vorwärts ist die eine. Einfach mal die Klappe halten und still seine Arbeit machen die andere.
Sie macht ihren Job, so wie sie ihn für richtig hält
Kramp-Karrenbauer hat sich für die zweite Variante entschieden. Sie macht ihren Job, so wie sie ihn für richtig hält. Was sie als Parteichefin abliefert, taugt meist nicht zu Schlagzeilen, ist aber bemerkenswert solide. Nach ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden schaute sie sich zunächst alles genau an, wog ab, dachte nach. Es folgte der organisatorische Umbau des Konrad-Adenauer-Hauses. Der ist noch nicht abgeschlossen, die Parteizentrale macht aber bereits jetzt den Eindruck, viel effektiver zu arbeiten als in den Jahren unter Merkel.
Darüber hinaus hat sich AKK einen der dicksten Brocken vorgenommen, den eine Partei zu bieten hat. Sie will der CDU ein neues Grundsatzprogramm verpassen.
Zum Schwur kommt es beim CDU-Parteitag im Dezember
Die Saarländerin ist davon überzeugt, dass es in einer sich immer schneller verändernden Welt Antworten braucht auf die aktuellen Fragen. Geleitet wird sie dabei von Werten, wie sie in der CDU nach der Neupositionierung als „Partei der Mitte“ durch Angela Merkel in den Hintergrund rückten. Für AKK sind ein christliches Menschenbild und die Menschenwürde im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Verantwortung Herausforderungen und keine Worthülsen.
Auf dem letzten Parteitag in Leipzig hatte AKK die Vertrauensfrage gestellt und Mitgliedern wie Wählern klar gemacht: Hier stehe ich, und ich arbeite so gut, wie ich es vermag. Wenn das nicht ankommt, so die Botschaft weiter, dann gehe ich. Das ist ihr Stil. Einer, den es so kaum noch gibt in der Bundespolitik, weil viele mittlerweile ihr Mäntelchen nach dem jeweiligen Trend hängen.
Kramp-Karrenbauer nimmt dafür einiges in Kauf. Schlechte Umfragewerte etwa, bei denen sie ihrem Konkurrenten Friedrich Merz unterlegen ist, der es aber auch viel leichter hat, weil er punktuell reingrätschen kann.
Zum Schwur kommt es beim CDU-Parteitag im Dezember. Da wird über das Grundsatzprogramm entschieden, über eine Wiederwahl Kramp-Karrenbauers und über die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl. Siegt sie, wäre das nicht nur deshalb ein gutes Zeichen, weil damit wieder eine Frau Spitzenkandidatin würde. Es wäre auch ein wichtiges Zeichen in dieser schnelllebigen Welt, dass sich beharrliche, stille Arbeit durchsetzen kann. Es wäre ein Gewinn für die Politik.