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Wiesbaden
Kommentar: Ex-Minister Jungs Forderungen sind für Rentner ein Hohn
Dem früheren Verteidigungsminister Franz-Josef Jung sind 4500 Euro Pension zu wenig. Der Polit-Pensionär glaubt, ihm stünde weit mehr zu – und zieht deshalb vor Gericht.
Der frühere Verteidigungsminister Franz-Josef Jung bei einem Besuch am Standort Volkach (Lkr. Kitzingen)
Foto: Manfred Schweidler | Der frühere Verteidigungsminister Franz-Josef Jung bei einem Besuch am Standort Volkach (Lkr. Kitzingen)
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 25.08.2019 02:10 Uhr

Der frühere Verteidigungsminister Franz-Josef Jung würde sich wohl (im übertragenen Sinn) als Doppelverdiener bezeichnen. Der 70-jährige hessische CDU-Politiker ist überzeugt davon, dass ihm zweimal so viel Pension zusteht wie er bekommt.  Dafür zieht er sogar vor Gericht.

Als Jungs Klage über die "Versorgungslücke" jetzt bekannt wurde, machte man sich schon Sorgen: Muss er nun in ungeheizten Räumen leben, bei der "Tafel" um Essen anstehen oder gar Leergut aus Papierkörben sammeln? So schlimm ist es nicht: Der Politiker bekommt 4517 Euro Pension – davon können Millionen Rentner nur träumen. Aber für die 22 Jahre als hessischer Landtagsabgeordneter will er pro Monat 4771,54 Euro extra. Insgesamt käme er so 9288 Euro.

Abgeordneten-Bezüge in Hessen wurden mit der  Pension als Bundesminister verrechnet

Die Rentenansprüche wurden korrekt mit seiner Ministerpension verrechnet – auf der Basis eines Gesetzes, das Jung in Hessen selbst mit beschlossen hat. Und zusätzlich kassiert er als Aufsichtsrat des Rüstungskonzerns Rheinmetall 75 000 Euro im Jahr.

Was sollen da jene Rentner denken, denen das Geld kaum zum Leben reicht? Immer mehr von ihnen müssen dazuverdienen. Politiker dagegen sind gut versorgt – um sie gegen Korruption weniger anfällig zu machen. Ob das funktioniert, ist umstritten. Aber nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler müsste ein Durchschnittsverdiener etwa 165 Jahre lang arbeiten, um im Alter so viel Geld zu bekommen wie ein Minister nach vier Dienstjahren.

Und doch ist das nicht nur Jung zu wenig: Bereits vor zehn Jahren hatte Hans Eichel (SPD) geklagt. Auch seine Ansprüche als Kasseler Oberbürgermeister und hessischer Ministerpräsident wurden mit der Pension als Bundesfinanzminister verrechnet. Eichel forderte sogar 14 550 Euro im Monat – und gab sich erst nach drei Instanzen geschlagen.

Dabei müssten Politiker wie Jung und Eichel noch Geld mitbringen, wenn sie nach Leistung bezahlt würden. Jung blieb als "Selbstverteidigungsminister" blass. Nach dem Wechsel ins Bundesarbeitsministerium kam heraus: Er hatte zum Afghanistan-Einsatz in der Kundus-Affäre das Parlament getäuscht. Jung musste 2009 nach nur 33 Tagen zurücktreten – bis heute Rekord. Und Eichel legen Kritiker zur Last, er habe durch Untätigkeit als Finanzminister die Voraussetzungen geschaffen, die kriminelle Cum-Ex-Geschäfte von Investmentbankern erst möglich machten. So sind dem Staat nach bisherigen Schätzungen über 30 Milliarden Euro an Steuern entgangen.

Kein Wunder, dass der Bund der Steuerzahler Jungs und Eichels Forderung einen Skandal nennt. Kritik an den Bezügen von Politikern gehört wie die Forderung nach einer zeitgemäße Neuregelung der Vergütung zum Ritual. Im Gegenzug verweisen die Politiker unverdrossen auf die Wirtschaft, in der weit höhere Altersversorgungen üblich seien. Im Endeffekt ändert sich – nichts. Aber mit solchen selbstsüchtigen Aktionen bedienen Politiker einmal mehr das Klischee, gierige Raffkes zu sein, die für den eigenen Vorteil keine Skrupel kennen.

Schon immer war Jungs Umgang mit fremdem Geld leichthändig

Dafür steht der Name Jung schon lange: In seiner Zeit als Generalsekretär der hessischen CDU von 1987 bis 1991 flossen über 1,5 Millionen Euro Schwarzgeld (deklariert als "jüdische Vermächtnisse") in die Parteikasse. Als das Ausmaß der Spendenaffäre bekannt wurde, musste er als Chef der Staatskanzlei zurücktreten. Schuldbewusst wirkte er schon damals nicht.

Auch jetzt von Scham keine Spur, Jung fühlt sich im Recht und sieht damit ziemlich alt aus. Die Juristen beim Verwaltungsgericht Wiesbaden bliesen ihm und seiner Klage den Marsch – mit dem gleichen Lied, das ihm schon 2009 zum Abschied als Soldatenminister gespielt worden war: "Time to say good-bye".

 
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