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HIRSCHAID
Katharina Schulze will mehr Macht für Frauen
Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze beim Landesparteitag in Hirschaid.
Foto: Michael Czygan | Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze beim Landesparteitag in Hirschaid.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:34 Uhr

Geradezu euphorisch präsentierten sich die Grünen beim Landesparteitag in Hirschaid (Lkr. Bamberg). Man sonnt sich in guten Umfrage-Ergebnissen und feiert - in seltener grüner Einigkeit - die beiden Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann (39) und Katharina Schulze (32). Im Interview erklärt die Fraktionssprecherin aus München, wie die Grünen Bayern nach der Landtagswahl verändern möchten.

Frage: In der aktuellen Bayerntrend-Umfrage liegen die Grünen mit 14 Prozent erstmals auf Platz zwei in Bayern. Gleichzeitig sind 36 Prozent ihrer Anhänger mit Markus Söder zufrieden. Müssen Sie da nicht verzweifeln?

Katharina Schulze: Nein. Ich finde, das ist eine Super-Ausgangslage. Ich gehe beschwingt in den Wahlkampf. Die 14 Prozent geben uns Rückenwind, genauso wie die steigenden Mitgliederzahlen und die vielen motivierten Leute, die sich einbringen wollen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, für die gleichen Rechte und Chancen für Frauen, für ein soziales Miteinander, für einen dritten Nationalpark. Der jetzige Ministerpräsident hat da keine Ideen.

Trotzdem möchten Sie gerne mit ihm in einer Koalition regieren.

Schulze: Wir Grüne machen jetzt erstmal Wahlkampf. Natürlich sind wir bereit, Verantwortung zu übernehmen. Ich bin nicht in die Politik gegangen, um in Schönheit am Spielfeldrand zu sterben. Wir haben drängende Probleme auf dieser Welt, vom Klimawandel angefangen bis hin zur traurigen Tatsache, dass Frauen noch immer weniger verdienen als Männer. Das regt mich auf, das möchte ich verändern. Wir stellen in unserem Wahlkampf die Inhalte nach vorne.

Ein Delegierter hat vorschlagen, angesichts der Umfrageergebnisse sollten Sie offensiver für ein Bündnis werben, dass dann Katharina Schulze zur Ministerpräsidentin wählt.

Schulze: Gün pur ist die Devise, dafür streiten wir - mit Haltung. Wir wollen ein weltoffenes Bayern, ein nachhaltiges Bayern, ein demokratisches und tolerantes Bayern, Und das gibt es nur mit starken Grünen. Alles Weitere entscheiden wir nach dem 14. Oktober.

Ist es leichter geworden, Wahlkampf zu machen, seit Markus Söder Ministerpräsident ist?

Schulze: Das spielt keine Rolle, wir setzen auf unsere Themen. Ich glaube nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger wollen, dass wir uns dauernd am politischen Gegner abarbeiten. Jeder kann ja sehen, dass die CSU Themen besetzt, die die Leute nicht wirklich beschäftigen.

Welche denn?

Schulze: Bestes Beispiel ist die unsägliche Kreuzdebatte. Zu mir kommen Leute, die wollen wissen, wie sie bezahlbaren Wohnraum finden, warum sie als Erzieherin in der Ausbildung nur ein Taschengeld und kein richtiges Gehalt bekommen oder warum die Bienen sterben und nicht, ob jetzt ein Kreuz an eine Behördenwand genagelt wird oder nicht.

Die CSU gibt den Kümmerer. Verteilt Pflegegeld, Familiengeld oder Baukindergeld.

Schulze: Geld allein schießt keine Tore. Dieser Satz gilt auch in der Politik. Wir können das Steuergeld nur einmal ausgeben. Da muss man klug überlegen, wofür. Wir Grüne sind davon überzeugt, wir müssen in Infrastruktur investieren. Wenn ich mit Müttern oder Vätern rede, sagen sie mir, wir brauchen mehr Kinderbetreuungsplätze und dort mehr Flexibilität, beispielsweise durch längere Öffnungszeiten für Kitas und Horte.

Sie reden viel von Gleichstellung. Ist das tatsächlich im Jahr 2018 noch ein Thema? Wir haben seit 13 Jahren eine Bundeskanzlerin.

Schulze: Ein Blick auf die Zahlen genügt: Frauen verdienen immer noch weniger als Männer für die gleichwertige Arbeit. Typische Frauenberufe wie Hebammen, Krankenpflegerinnen oder Erzieherinnen sind chronisch schlecht bezahlt. Familie und Beruf zu vereinbaren, bleibt für Frauen schwierig. Die Macht ist nicht gerecht verteilt, weder in den Parlamenten noch in den Unternehmen. Die Hälfte der Macht gehört uns Frauen.

Was kann da die Landespolitik tun?

Schulze: Die kann sehr viel tun. Den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen voranbringen, Erzieherinnen und Krankenpflegerinnen besser bezahlen. Wir brauchen eine Quote im öffentlichen Dienst, auch in landeseigenen Unternehmen. Am Ende kommt es auf den politischen Willen an. Da ist Haltung gefragt.

In Unterfranken gab es viel Diskussion um den dritten Nationalpark. Söder hat ihm eine Absage erteilt. Wird er in einer Regierung mit den Grünen doch noch kommen?

Schulze: Ich bin wirklich sauer. Der neue Ministerpräsident räumt das Thema einfach, entgegen der Meinung aller Experten, ab. Dabei haben wir ein Artensterben, einen Klimawandel. Wir müssen unsere wertvolle Natur schützen und stärken, deshalb wollen wir einen dritten Nationalpark in Bayern. Mindestens, gerne auch einen vierten und fünften.

Beim Thema innere Sicherheit wollen sich die Grünen mittlerweile auch profilieren. Warum lehnen Sie dann das Polizeigesetz ab?

Schulze: Was heißt wollen, wir tun das schon lange. Unser Leitspruch ist: Wir wollen, dass alle Menschen in Bayern frei und sicher leben. Dazu gehört, dass wir die Polizei gut ausstatten müssen, damit die ihren Job machen kann. Das bedeutet Sicherheit. Und zur Freiheit gehört, dass wir keine verfassungswidrigen Gesetze beschließen. Mit dem neuen Polizeiaufgabengesetz stirbt die Freiheit scheibchenweise. Die CSU gibt der Polizei mehr Eingriffsmöglichkeiten aufgrund des schwammigen Begriffs der drohenden Gefahr. Hier ist eigentlich der Geheimdienst zuständig. Es gibt keinen vernünftigen Grund für das Gesetz. Bayern ist das sicherste Bundesland, wir haben super Quoten bei der Aufklärung, weil die Polizei und die Rettungskräfte so gute Arbeit leisten.

 
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