Nach der Enttarnung eines Islamisten in den Reihen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) überprüft die Behörde ihre Einstellungspraxis. «Wir werden natürlich diesen Vorgang gründlich aufarbeiten, um zu sehen, was wir daraus lernen können», sagte BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen am Mittwoch am Rande eines Treffens der Länderinnenminister in Saarbrücken. Am Nachmittag sollte sich Maaßen im Parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKGr) zu dem Fall äußern.
Die SPD mahnte umfassende Aufklärung an. Die Grünen forderten eine noch strengere Überprüfung der BfV-Mitarbeiter - auch mit Blick auf die rechtsextreme Szene. Die Union hob hervor, es sei rasch gelungen, den «Maulwurf» aufzuspüren.
Maaßen sagte der dpa in Berlin, der Verdächtige habe sich völlig unauffällig verhalten. «Wir haben es hier offensichtlich mit einem Fall zu tun, in dem sich eine Person von seinem persönlichen Umfeld unbemerkt radikalisiert hat.» Sein Amt sei wie jeder Nachrichtendienst Ziel strategischer Einschleusungsversuche ausländischer Dienste, Extremisten und Terroristen. «Deshalb müssen wir als Sicherheitsbehörde besonders wachsam in Bezug auf Innentäter sein.» Der Inlandsgeheimdienst prüfe nun, ob oder in welchem Umfang ein Schaden entstanden sei. Die Enttarnung sei einer sorgfältigen Aufklärung sowie schneller Aufklärungsmaßnahmen zu verdanken.
In Saarbrücken sagte Maaßen: «Wir haben eine ganze Reihe von Personen im Rahmen des Auswahlverfahrens filtern und aussieben können, wo wir den Eindruck haben, es sind Extremisten oder Personen, die für ausländische Nachrichtendienste arbeiten.» Vor der Einstellung des Verdächtigen habe es eine «gründliche Sicherheitsprüfung» gegeben, «wo fünf Referenzpersonen befragt und wo sämtliche Register abgecheckt wurden».
SPD-Innenexperte Burkhard Lischka sagte der dpa: «Jetzt gilt es, vor allem zu klären, wie der enttarnte Mitarbeiter überhaupt beim BfV trotz Sicherheitsüberprüfung eingestellt werden konnte.» Hier werde eine mögliche Sicherheitslücke offenbar. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), räumte im Südwestrundfunk ein, Staat und Politik gerieten in solchen Fällen in Erklärungsnot. Er zeige aber auch, dass es genügend Mechanismen gebe, solche Maulwürfe «schnell aufzudecken und dann auch zur Strecke zu bringen».
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sagte der dpa, der Fall werfe «die dringende Frage auf, ob der Geheimdienst bei seinen Bemühungen, an Massenüberwachungen teilzuhaben, den wichtigen gesetzlichen Auftrag vernachlässigt hat, Spionage abzuwehren». Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, meinte, es sei zu klären, «ob es auch Nazis gelungen ist, Mitarbeiter im Bundesamt oder anderen Sicherheitsbehörden zu platzieren». Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, kritisierte den Verfassungsschutz scharf: «Der Inlandsgeheimdienst hat keine Sicherheitslücke, er ist eine», sagte sie der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Donnerstag).
Dem Verdächtigen wird vorgehalten, sich beim Verfassungsschutz eingeschlichen zu haben, um gleichgesinnte Islamisten vor Polizeiaktionen zu warnen und ihnen einen Anschlag auf das BfV zu ermöglichen. Die Ermittlungen hätten bisher keine Hinweise ergeben, dass eine Gefahr bestanden habe, teilte die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft mit. Die Strafverfolgungsbehörde ermittelt wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und der versuchten Verletzung von Dienstgeheimnissen. Geprüft wird außerdem, ob der Generalbundesanwalt den Fall übernimmt. Das Bundeskriminalamt ermittelt.