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Innsbruck
"Ich bekomme auch aus Bayern viel Zuspruch"
Der Tiroler Regierungschef Günther Platter geht im Streit um den Alpenverkehr mit Ausweichstrecken-Sperrungen und Blockabfertigungen auf vollen Konflikt. Er begründet seine harte Linie auch mit einem Versagen der deutschen Politik.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter erregt mit den Wochenend-Fahrverboten auf Autobahn-Ausweichstrecken derzeit Bayerns Politiker.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Tirols Landeshauptmann Günther Platter erregt mit den Wochenend-Fahrverboten auf Autobahn-Ausweichstrecken derzeit Bayerns Politiker.
Mariele Schulze-Berndt
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:27 Uhr

Günther Platter (ÖVP) ist Chef der schwarz-grünen Landesregierung von Tirol und der Mann, der in Bayern gerade für Aufregung sorgt. Der 65-Jährige hat für die Zeit der Sommerferien Wochenendfahrverbote gegen den Ausweichverkehr von der Autobahn erlassen. Der gelernte Buchdrucker und Gendarm begann seine politische Karriere als Bürgermeister von Zams.

Herr Landeshauptmann Platter, mit Ihrer Verkehrspolitik haben Sie in Tirol die Bevölkerung hinter sich. Erhalten Sie eigentlich auch aus Bayern Zustimmung dafür?

Platter: Ich bekomme viel Zustimmung aus der bayrischen Bevölkerung, sowohl persönlich als auch per E-Mail. Die Belastungsgrenze für Mensch, Natur und Infrastruktur ist durch den Verkehr deutlich überschritten. Nicht nur in Tirol, sondern in Bayern ebenfalls. Wir brauchen Maßnahmen, um den LKW-Transitverkehr zu verringern. Denn über den Brenner fahren mehr LKW als über alle anderen sechs Alpenübergänge in der Schweiz und in Frankreich.

Verkehrsminister Scheuer hat angekündigt, wegen der Blockabfertigung gegen Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren bei der EU-Kommission anzustrengen. Macht Ihnen das Sorgen?  

Platter: Ich würde mich an seiner Stelle fragen, ob es die richtige Maßnahme ist zu klagen, anstatt an Lösungen zu arbeiten. Deutschland ist schon sehr lange säumig, obwohl wir im Jahre 2009 in Rom eine Vereinbarung über den Bau der Zulaufstrecken zum Brenner Basistunnel getroffen und 2012 einen Staatsvertrag zwischen Deutschland und Österreich geschlossen haben. Wir in Tirol haben die Hausaufgaben gemacht und die Zulaufstrecken zum Tunnel gebaut. In Bayern ist nichts passiert. Nicht einmal die Trasse dafür steht fest. Wenn es Herrn Scheuer wichtiger ist zu klagen als die Bevölkerung zu entlasten, dann ist das schon sehr skurril. 

Worin sehen Sie den Grund dafür, dass Deutschland so säumig war? Es gibt in Deutschland seit Jahren bayrische Verkehrsminister, Herrn Ramsauer, Herrn Dobrindt, jetzt Herrn Scheuer. Sie hätten die vereinbarten Maßnahmen umsetzen können.  

Platter: Man hat immer der Transitlobby nachgegeben. Es kann nicht sein, dass man die Straße attraktiver macht, um so zu bewirken, dass die Güter auf der Straße befördert werden. 2,4 Mio Lkw fuhren 2018 durch das Inntal über den Brenner. Wir müssen dringend den Korridor von München bis Verona verteuern. Denn durch die spottbillige LKW-Maut in Bayern und Italien ist die Strecke die billigste. 40 Prozent des LKW-Transitverkehrs nehmen dafür sogar einen Umweg in Kauf. Das ist eine absurde Situation. Darum wird es weiter Blockabfertigungen geben, bis eine erhöhte LKW-Maut beschlossen ist.  

Ist die Transitlobby in Bayern besonders stark?  

Platter: Sonst würde man ja nicht immer noch die Güter auf der Straße transportieren wollen. Das ist ein ewig gestriges Konzept, das nicht funktionieren wird. Man muss der Industrie vermitteln, dass es attraktiver ist, die Güter auf der Schiene zu transportieren. Dafür muss auch in Deutschland die Rollende Landstraße gefördert und der Transport auf der Schiene gestärkt werden. Diese Maßnahmen haben wir in Tirol und Österreich längst ergriffen.

Ihre Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe von den Grünen hat den bayrischen Verkehrsminister Reichhart schon getroffen. Hat es Anzeichen für eine Einigung gegeben?  

Platter: Davon sind wir noch weit entfernt. Für eine Einigung, bei der ein fauler Kompromiss geschlossen wird, bin ich nicht zu haben. Die Daten und Fakten sind so eindeutig, dass klare Maßnahmen nötig sind. Bis sich die Situation verbessert, wird es weiterhin die Blockabfertigung für den Lkw-Verkehr geben und es wird auch weiterhin die Pkw-Fahrverbote benötigen.  

In Tirol waren traditionell die Bayern immer beliebter als die Wiener. Hat sich das verändert?

Platter: Überhaupt nicht. Wir haben sehr gute Beziehungen zu Bayern. Ich bin auch gern bereit, über vernünftige Vorschläge von bayrischer und deutscher Seite zu sprechen. Bayern und Tiroler sind aus demselben Holz geschnitzt. Wir verstehen uns eigentlich, auch was die politische Auseinandersetzung betrifft. Aber was den Lkw-Transit betrifft, ist Schluss mit lustig.

Sie haben einmal gesagt, dass sich der Konflikt so zugespitzt hat, liege an der bayrischen Mentalität. Was haben Sie damit gemeint?  

Platter: Gemeint habe ich, dass Bayern ebenso wie Tiroler in Diskussionen nicht irgendwelche Floskeln verwenden. Das ist auch nicht notwendig. Konflikte mit Berlin tragen die Bayern ebenfalls offen aus. Dass sich die Situation jetzt zuspitzt, ist notwendig. Die Bevölkerung erwartet Lösungen.  

Ministerpräsident Söder hat auch vorgeschlagen, dass der bayrische Tourismus stärker ausgebaut werden müsse. Nehmen Sie das ernst?  

Platter: Das ist eine legitime Angelegenheit. Wir pflegen den Wettbewerb, auch was den Tourismus betrifft. Wir heißen alle bayrischen Gäste herzlich willkommen. 

Gastronomen an der Ausweichroute in Tirol klagen schon darüber, dass es wegen der zeitweise gesperrten Pkw-Ausweichrouten weniger Gäste gibt. Ist das ein Problem für Sie?  

Platter: Die Pkw-Ausfahrverbote sind ja marginal, nur punktuelle, lokale Maßnahmen. Wir haben sie eingeführt, weil zum Teil der absolute Verkehrsstillstand eingetreten ist. Es war nicht möglich, dass Rettungsfahrzeuge passieren und ihre Einsatzorte erreichen konnten. Darüber haben die Bürgermeister geklagt und wir haben zwingend Maßnahmen ergreifen müssen. Das hat schon die Straßenverkehrsordnung vorgeschrieben. Natürlich ist es für Gasthäuser unangenehm, die an den Ausweichrouten weniger Gäste haben. Aber man kann es nicht allen recht machen. Höher wiegt die Verkehrssicherheit und die Versorgungssicherheit. Insgesamt sind die Bedenken minimal. Wir haben breiteste Zustimmung in Tirol und auch in Bayern.

 
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