Das Maut-Fiasko bleibt für Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer eine ungemütliche Angelegenheit. Ein neues Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass Scheuer die Verträge über die Einführung der Pkw-Maut für Ausländer schlampig gestaltet haben soll. Darin werfen ihm die Fachleute vor, dass die Bestimmungen einseitig zulasten der Bundesrepublik gestaltet sind. "Das ist mit Blick auf die gesetzlichen Leitbilder äußerst ungewöhnlich, ohne besondere gesetzliche Ermächtigung nicht zulässig und sachlich nicht gerechtfertigt", heißt es in der Einschätzung, die unserer Redaktion vorliegt. Sie stammt aus der Feder der Juristen Holger Weiß und Alexander Wichmann aus Freiburg und des Aachener Wirtschaftsprüfers Irg Müller.
In Auftrag gegeben haben die Untersuchung die Grünen. Sie treiben den CSU-Politiker seit Monaten vor sich her und sehen sich durch die Fachleute bestätigt, dass Scheuer als Minister nicht mehr tragbar sei. "Mittlerweile kommen schon drei Rechtsgutachten unabhängig voneinander zum Ergebnis, dass dieser Maut-Vertrag hätte nie unterschrieben werden dürfen. In jedem normalen Unternehmen wäre Scheuer längst entlassen worden", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stephan Kühn, unserer Redaktion. Er verlangte, dass Scheuer von sich aus zurücktritt.
Die CSU-Spitze hält Scheuer bislang die Treue
Die CSU-Spitze hält aber ihrem Mann bislang die Treue und ist davon überzeugt, dass er das Maut-Desaster politisch überleben wird. Der Verkehrsminister wurde von dem überraschenden Urteil des Europäischen Gerichtshofes schwer getroffen, das die Autobahnmaut für Ausländer für europarechtswidrig erklärte. Scheuer hatte, ohne das Urteil abzuwarten, voreilig die Verträge mit den beiden Maut-Betreibern Kapsch und Eventim abgeschlossen.
In den Klauseln haben sich die beiden Unternehmen Kompensationen für den Fall zusichern lassen, dass die Europarichter die Straßensteuer einkassieren. Dem Bund drohen nun Kompensationszahlungen in dreistelliger Millionenhöhe an die zwei Firmen. "Die Regelungen sind pauschal verfasst und inhaltlich so gestaltet, dass mit kostenträchtigen Auseinandersetzungen gerechnet werden muss", beklagen die Gutachter. Die Rechtsfolgen einer Kündigung gingen einseitig zulasten des Staats.
Untersuchungsausschuss der Opposition
Die Opposition prüft derzeit, ob sie Scheuer mit einem Untersuchungsausschuss noch härter in die Mangel nehmen will. Wie aus dem Parlament zu hören ist, geht es eigentlich nicht mehr darum ob, sondern wann der U-Ausschuss eingesetzt wird. Das Gremium darf Zeugen vorladen, die wie vor Gericht, die Wahrheit sagen müssen, und sich jede noch so kleine Aktennotiz aus den Ministerien kommen lassen.
Der Minister hat sich in Erwartung der harten Auseinandersetzungen prophylaktisch für die Vorwärtsverteidigung entschieden und dem Bundestag ordnerweise Vertragstexte zukommen lassen. Volle Transparenz lautet sein Credo. Parallel dazu liefert sich Scheuer mit den Mautbetreibern Scharmützel. Dabei geht es um vermeintlich widerrechtlich vergebene Unteraufträge. Derzeit erstellen die Mautbetreiber die Rechnung, die sie dem Bund auf den Tisch legen werden. Im Herbst wollen sie bekannt geben, wie viel Entschädigung sie verlangen werden. Geplant war, dass sie die Maut für den Zeitraum von zwölf Jahren erheben.