Für CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ist das Vorhaben nichts weniger als „ein neues Kapitel in der Mobilfunkpolitik“. In der Tat haben die Fraktionsspitzen von Union und SPD bei ihrer zweitägigen Klausurtagung in Berlin ein Stück Technologiegeschichte geschrieben, von der vor allem der ländliche Raum profitiert: Eine bundeseigene Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) soll die Löcher im Versorgungsnetz stopfen. Dazu werden in Zukunft mit staatlicher Unterstützung dort Funkmasten aufgebaut, wo private Unternehmen wie Vodafone oder die Telekom die Investition scheuen.
„Funklöcher passen nicht zu unserem Anspruch als führender Wirtschaftsnation der Welt“, erklärte Dobrindt, der sich zur Abschlusspressekonferenz der Regierungsfraktionen ein Lächeln gestatten durfte. Denn die Idee einer bundeseigenen Infrastrukturgesellschaft Mobilfunk wurde Anfang des Jahres auf der traditionellen Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Kloster Seeon einstimmig beschlossen. „Der ländliche Raum darf nicht benachteiligt sein beim Mobilfunkaufbau, deswegen wird der Bund durch eigenes Engagement mit der neuen Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft Defizite beim Mobilfunknetzausbau beseitigen“, gab Dobrindt die Marschroute vor.
MIG soll eng mit Städten und Gemeinden zusammenarbeiten
Für die SPD betonte der kommissarische Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich, bei der Frage des Mobilfunks habe eine große Rolle gespielt, dass es in Deutschland keinen Bruch zwischen gut und weniger gut entwickelten Regionen geben dürfe. „Wir können uns eben nicht alleine auf den Markt verlassen, sondern sind der Überzeugung, dass der Staat hier eingreifen muss“, begründete Mützenich den Aufbau der neuen Mobilfunkgesellschaft. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) erklärte, bei der MIG gehe es „um die Funktionsfähigkeit des Landes“. Damit diese Funktionsfähigkeit gewährleistet ist, soll die MIG „insbesondere die Kompetenz der Städte und Gemeinden in der Fläche vor Ort und ihr Wissen eng einbinden“, wie es in dem Beschluss der Fraktionen heißt. Kommunen, die kurzfristig bereit sind, mit Unterstützung des Bundes Mobilfunkmasten zu errichten, sollen dabei durch die neue Gesellschaft „zügig unterstützt werden“.
Geld soll über den Haushalt zur Verfügung gestellt werden
Damit die Bemühungen der MIG nicht in einer Sackgasse enden, hat die Bundesregierung sicherzustellen, „dass die Mobilfunkanbieter die im Auftrag des Bundes errichtete Infrastruktur anschließen“. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol betonte in diesem Zusammenhang, die Mobilfunkanbieter würden „zukünftig gezwungen, die Nutzerinnen und Nutzer bei Vertragsabschluss über die reale Netzabdeckung zu informieren“.
Das notwendige Geld soll „im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel in einem ersten Schritt im Haushaltsgesetz für das Jahr 2020“ bereitgestellt werden. Damit der Ausbau zügig vonstattengeht, werden vorrangig Grundstücke genommen werden, die bereits der öffentlichen Hand gehören. Die MIG baut die Funkmasten nicht selber, sondern beauftragt „in den nicht versorgten Regionen private Dritte mit der Errichtung der Infrastruktur“.
Dobrindt, Brinkhaus und Mützenich werteten die Einigung auf die MIG auch als Beleg für eine gut funktionierende und arbeitsfähige Regierungskoalition. Brinkhaus sprach von einem harmonischen Verlauf der Klausurtagung, Dobrindt von einem erfolgreichen Treffen „auf Augenhöhe“.
Bei dem Treffen, das am Donnerstagabend begann und am Freitagmittag endete, kamen den Angaben zufolge auch Themen wie die Pflege und der Angriff auf Schiffe im Golf von Oman auf den Tisch. Heikle Punkte wie die Abschaffung des Soli oder die Grundrente wurden ausgespart.