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Brüssel
Einlagensicherung auf Eis gelegt
Die sogenannte Bankenunion auf europäischer Ebene bleibt vorerst unvollendet.
Die Europäische Einlagensicherung kommt nicht und die Bankenunion bleibt unvollendet.
Foto: Peter Hudec, dpa | Die Europäische Einlagensicherung kommt nicht und die Bankenunion bleibt unvollendet.
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 11.12.2019 02:10 Uhr

Für Olaf Scholz war es keine gute Woche. Am vergangenen Samstag scheiterte er mit seinen Ambitionen, von der Parteibasis zum neuen Co-Parteichef gewählt zu werden. Am Donnerstag wurde der Bundesfinanzminister dann von seinen Amtskollegen der Eurogruppe gestoppt. Denn die sogenannte Bankenunion bleibt vorerst unvollendet. Die letzte Säule, die geplante europäische Einlagensicherung (Edis), wurde auf Jahre hinaus verschoben. Scholz dürfte das geahnt haben. Bei der Sitzung in der Nacht zum Donnerstag habe er sich an der Diskussion schon nicht mehr beteiligt, berichteten Bobachter. Die „Neue Zürcher Zeitung“ bezeichnete das Scheitern als „krachend“. Die „Financial Times“ nannte Scholz „eine lahme Ente“.

Dabei hatte der SPD-Politiker erst vor wenigen Wochen und voller Optimismus ein Papier aus dem Hut gezaubert, um die bis dahin herrschende Blockade Deutschlands zu durchbrechen. Während Scholz‘ Vorgänger Wolfgang Schäuble eine strikte Linie der Ablehnung beibehalten und eine gemeinsame Haftung in der Euro-Zone für marode Banken erst dann für möglich erklärt hatte, wenn die Geldinstitute in den Mitgliedstaaten ihre Risiken abgebaut hätten, versuchte es Scholz mit einem, in der Koalition allerdings nicht abgestimmten, Kompromiss.

Sollte die Einlagensicherung in einem Mitgliedstaat in einer Bankenkrise nicht greifen, wollte der Bundesfinanzminister Leistungen aus einem europäischen Topf auszahlen – aber nur als Darlehen. Voraussetzung dafür sollte sein, dass die Geldhäuser zuvor aufgekaufte Staatsanleihen mit Eigenkapital unterlegen und absichern. Für diese Papiere gilt derzeit eine Sonderbehandlung, weil sie als risikolos eingestuft werden. Diese Vorbedingung wurde nun vor allem von dem italienischen Finanzminister Paolo Gentiloni und seinem griechischen Amtskollegen zurückgewiesen. Der Mann aus Rom bezeichnete die Bedingung von Scholz als „völlig inakzeptabel“.

Das erscheint sogar nachvollziehbar. Schließlich halten allein die italienischen Banken rund ein Fünftel aller notleidenden Kredite der Eurozone mit einem Wert von etwa 120 Milliarden Euro. In Griechenland ist die Lage ähnlich dramatisch. Als notleidende Kredite werden laut Definition der Währungsunion jene Darlehen bezeichnet, die der Schuldner mehr als drei Monate nicht bedient oder die Bank keine andere Möglichkeit als den Rückgriff auf die Sicherheiten hat, um an ihr Geld zu kommen. Der Umfang der faulen Papiere in den Bilanzen der Banken im Süden ist so enorm, dass eine Absicherung in der von Scholz angedachten Weise die Institute überfordern würde. Das ist der Grund, warum die deutschen Branchenverbände vor einer zu frühen Einführung der gemeinsamen Haftung warnen. Sie fürchten, dass sich andere Mitgliedstaaten an den gut gefüllten deutschen Fonds vor allem der Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken bedienen wollen.

Eurogruppen-Chef Mario Centeno forderte nach dem Scheitern des Scholz-Planes seine Amtskollegen auf, das Ziel „nicht aus den Augen zu verlieren“. Was übersetzt so viel heißt wie: Die Einlagensicherung liegt auf Eis. Der CSU-Europapolitiker und Finanzfachmann Markus Ferber brachte das auf den Punkt: Angesichts der „verfahrenen Situation“ sei es am besten, wenn die EU-Kommission einen neuen Vorschlag ausarbeiten würde. Und das kann dauern.

 
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