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BERLIN
Die Union auf der Suche nach einem Kanzlerkandidaten
Personal: Die Union braucht einen Kanzlerkandidaten. Eine Chance für Friedrich Merz? Greift jetzt Armin Laschet nach der Macht? Generationswechsel mit Jens Spahn? Oder ist Markus Söder der Joker?
Von Michael Stifter
 |  aktualisiert: 15.02.2020 02:11 Uhr

Mit Prognosen sollte man in diesen Tagen vorsichtig sein. Klar ist jedenfalls: Die CDU braucht eine neue Spitze und die Union einen Kanzlerkandidaten. Als Angela Merkel 2018 den Anfang vom Ende ihrer Ära verkündete, meldeten mehrere Kandidaten binnen Minuten ihre Ansprüche an. Am stürmischen Montag, an dem Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug bekanntgibt, bleiben potenzielle Nachfolger erst einmal in Deckung. Das sind die aussichtsreichsten Bewerber:

Friedrich Merz

Der 64-jährige Sauerländer ist ein ewig Unvollendeter. Nachdem Angela Merkel ihn 2002 von der Spitze der Bundestagsfraktion verdrängte, zog er sich schmollend zurück und machte Karriere in der Privatwirtschaft. 16 Jahre später bekam er seine zweite Chance – und vergab sie. Im Kampf um den CDU-Vorsitz verlor er knapp gegen Annegret Kramp-Karrenbauer. Doch seine Fans gaben nicht auf. Und er selbst auch nicht. Erst vor wenigen Tagen kündigte er an, sich voll auf die Politik konzentrieren zu wollen. Für ihn steht fest: Die Union ist unter Merkel zu weit in die Mitte gerückt und hat damit sehenden Auges Platz für Konkurrenz am rechten Rand gemacht.

Das spricht für ihn: Der Merkel-Kritiker begeistert die enttäuschten Konservativen, die zur AfD abgewandert sind oder in der sogenannten „Werteunion“ Stimmung machen. Die kleine, aber laute Gruppe hat ihn am Montag prompt als Kandidaten vorgeschlagen. Aber auch beim Wirtschaftsflügel und in der Parteijugend punktet der brillante Redner. Die Junge Union feierte ihn zuletzt frenetisch. Er könnte am ehesten Wähler von der AfD zurückgewinnen.

Das spricht gegen ihn: Seine Arbeit für den umstrittenen Vermögensverwalter Blackrock, die er im April aufgibt, könnte ihm im Wahlkampf schaden. Das Unternehmen gilt als das, was der frühere SPD-Chef Franz Müntefering einst als „Heuschrecke“ bezeichnete. Merz droht potenzielle Wähler den Grünen oder der SPD in die Arme zu treiben. Zudem besteht sein Mythos eher in einer unerfüllten Hoffnung, denn er hat weder Regierungserfahrung noch jemals eine Wahl gewonnen.

Armin Laschet

Der 58-jährige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens gehört zum Merkel-Lager. Einen radikalen Kurswechsel würde es mit ihm nicht geben. Als der Posten an der CDU-Spitze 2018 frei wurde, ließ er anderen den Vortritt. Das bedeutet allerdings nicht, dass er kein Machtstreben hat. Möglicherweise kann er nur besser auf den richtigen Zeitpunkt warten als andere.

Das spricht für ihn: Laschet hat bewiesen, dass er Wahlen gewinnen kann. 2017 schlug er in Nordrhein-Westfalen überraschend Amtsinhaberin Hannelore Kraft. Als Ministerpräsident hat er seitdem Regierungserfahrung gesammelt und an Format gewonnen. Außerdem führt er den stärksten Landesverband der CDU und wäre auch für das Mitte-Links-Lager wählbar.

Das spricht gegen ihn: Für den konservativen Flügel wäre Laschet der Inbegriff von „Weiter so“. Was er links der Mitte an Stimmen holen könnte, droht am rechten Rand an die AfD verloren zu gehen.

Jens Spahn

Der 39-jährige Bundesgesundheitsminister hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er nach Höherem strebt. Trotz überschaubarer Chancen warf er sich 2018 in die Schlacht um die Merkel-Nachfolge an der Parteispitze. Er steht für eine Rückbesinnung auf konservative Werte und legte sich immer wieder mit der Kanzlerin an, wenn es um die Flüchtlingspolitik oder Fragen von Recht und Ordnung ging. Zuletzt konzentrierte er sich allerdings vor allem auf seinen eigentlichen Job und startete viele Initiativen im Gesundheitsbereich.

Das spricht für ihn: Als einziger Kandidat symbolisiert er einen Generationswechsel. Seine Anhänger sehen in ihm den deutschen Sebastian Kurz. Mit dem österreichischen Kanzler ist er tatsächlich befreundet. Für die Junge Union wäre er nach Merz die beste Lösung und auch bei den Konservativen kommt er gut an. Auffällig: CSU-Chef Markus Söder findet sehr oft sehr lobende Worte für Spahn.

Das spricht gegen ihn: Viele in der CDU halten ihn für zu jung. Seine Zeit komme schon noch, heißt es häufig. Außerdem hatte er in seiner Anfangsphase als Minister die Neigung, sich ständig zu allen möglichen Themen zu äußern – was seine Kritiker als Profilierungssucht empfanden.

Markus Söder

Der 53-jährige CSU-Chef kann nicht Vorsitzender der CDU werden. Aber als gemeinsamer Kanzlerkandidat der Union kommt er durchaus infrage. Beim CDU-Parteitag im Dezember wurde er für eine mitreißende Rede bejubelt. Kanzlerambitionen weist er vehement und glaubhaft zurück. Aber wer weiß: Vielleicht fühlt er sich am Ende doch geschmeichelt, und der Ehrgeiz siegt über den Verstand?

Das spricht für ihn: Söder könnte der Joker sein, wenn sich die CDU nicht auf einen Kandidaten einigen kann. Er hat Regierungserfahrung – und sein Krawall-Image mittlerweile abgelegt.

Das spricht gegen ihn: Kandidaten aus Bayern werden im Rest der Republik von jeher mit Argwohn betrachtet, Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber mussten das erleben. Oder wie es jemand aus Söders Umfeld einmal sagte: „CSU-Kanzlerkandidaturen sind wie Russland-Feldzüge. Sie werden mit Euphorie begonnen, dauern lange und gehen am Ende unweigerlich verloren.“

Potentielle Kanzlerkandidaten - Laschet       -  Armin Laschet
Foto: F. Gambarini, dpa | Armin Laschet
Potentielle Kanzlerkandidaten - Spahn       -  Jens Spahn
Foto: Kay Nietfeld, dpa | Jens Spahn
Generalversammlung des Wirtschaftsbeirats der Union       -  Markus Söder
Foto: Sven Hoppe, dpa | Markus Söder
 
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