Der Onlinehandel boomt – aber es gibt Schattenseiten: Eigentlich noch hochwertige Waren werden vernichtet, um damit Platz in den Regalen zu schaffen. Oder Produkte werden weggeworfen, weil das günstiger ist, als zurückgesandte Artikel wieder neu anzubieten. Das Bundeskabinett hat vor Kurzem Gesetzesänderungen gegen die Vernichtung von Waren im Handel auf den Weg gebracht. Auf die öffentliche Agenda gesetzt wurde das Problem entsorgter Retouren im vergangenen Herbst von der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg. Die Gruppe leitet Björn Asdecker.
Björn Asdecker: Wir haben mit unserer Studie zur Entsorgung von Retouren aus dem vergangenen Jahr mit Sicherheit einen Impuls geliefert. Die daraus resultierende Debatte hat die Politik und insbesondere das Bundesumweltministerium unter Zugzwang gesetzt. Man darf den Einfluss aber auch nicht überhöhen.
Asdecker: Das Ministerium hat uns eingeladen, unsere Studienergebnisse auf einer Konferenz in Berlin vorzustellen. Dieser Einladung sind wir gefolgt. Das Ministerium ist mit unserer Studie und ihren Ergebnissen demnach vertraut. Darüber hinaus ist die Forschungsgruppe aber kein Auftragnehmer des Bundesumweltministeriums. Wir sind unabhängig: von der Politik einerseits und von den Versandhändlern andererseits.
Asdecker: Die Verantwortung der Händler und Produzenten in Bezug auf den Wertstoffkreislauf wird erhöht. Beide können ihre Verantwortung nicht mehr so leicht wegschieben. Dass kann in der Praxis dazu beitragen, dass mehr Rohstoffe als bisher im Kreislauf bleiben.
Asdecker: Die Händler und Produzenten müssen künftig Nachweise erbringen, in welchen Mengen und auf welche Weise sie Waren entsorgen. Sie werden damit zur Transparenz gezwungen. Diese Transparenz kann dann in einem zweiten Schritt dazu genutzt werden, um Verbesserungen gegenüber dem Status quo zu erzielen.
Asdecker: Die entsprechenden Ziele und Rechtsverordnungen müssen noch definiert werden. Bislang ist die Gesetzesnovelle nicht mehr als ein Rahmenwerk.
Asdecker: Wo die Daten einmal einzusehen sind und wer sie einsehen kann, ist mir nicht bekannt. Es wäre aber wünschenswert, wenn die Verbraucher sie einsehen könnten. Allein dies würde Unternehmen motivieren, sich ihrer Verantwortung im Umgang mit Ressourcen zu stellen. Ein unsensibler Umgang mit Ressourcen kann den Ruf einer Marke schädigen. Diesem Risiko will sich kein Unternehmen aussetzen.
Asdecker: Dazu äußert sich das Gesetz bislang nicht.
Asdecker: Die Dokumentationspflichten werden sicherlich mit einigem Aufwand verbunden sein. Gerade große Unternehmen sind in der Lage, diese Aufgaben zu bewältigen. Interessant wird die Frage, ob die Dokumentationspflichten für kleinere Händler gelockert werden oder nicht.
Asdecker: Ich glaube trotzdem nicht, dass dies zu einer merklichen Verteuerung der Artikel für die Verbraucher führen wird. Bedenken Sie, dass nur fünf Promille der versendeten Produkte am Ende entsorgt werden.
Asdecker: Weil wir als Forschungsteam der Universität Bamberg Daten dazu liefern konnten. Unsere Studie konnte zitiert werden, man hat darüber diskutiert. In der Praxis gibt es ein noch viel größeres Problem.
Asdecker: Die Entsorgung von Überbeständen und Überproduktionen. Den Wert der entsorgten Retouren schätzen wir bundesweit auf 100 bis 200 Millionen Euro im Jahr. Zum Vergleich: Der Wert der entsorgten Überbestände und Überproduktion wird bundesweit auf sieben Milliarden Euro geschätzt. Und das betrifft den stationären Handel in gleichem Maße.
Asdecker: Der Händler muss dokumentieren, wie viel Ware er entsorgen lässt. Dann wird sichtbar werden, wie hoch das Problem der Warenüberhänge tatsächlich ist.
Asdecker: Falls das Gesetz tatsächlich in Kraft treten sollte, wären wir nicht mehr auf Stichproben angewiesen, sondern könnten auf Grundlage von Vollerhebungsdaten forschen.