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Berlin
Deutschland hat eine schwierige Libyen-Mission
Konflikt in Libyen       -  Ein bewaffneter Kämpfer der international anerkannten Regierung in Tripolis.
Foto: Amru Salahuddien/XinHua/dpa/Archiv | Ein bewaffneter Kämpfer der international anerkannten Regierung in Tripolis.
Christian Grimm
Christian Grimm
 |  aktualisiert: 22.01.2020 02:10 Uhr

Es bräuchte schon einen Meisterdiplomaten wie Otto von Bismarck, um den Bürgerkrieg in Libyen zu stoppen. Und selbst seine Erfolgschancen wären gering. Libyen droht ein zweites Syrien zu werden, wo ausländische Mächte einen blutigen Stellvertreterkrieg kämpfen. Die Lage ist unübersichtlich, verworren und gefährlich. Um die Macht ringen der international anerkannte Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und der aufständische Kriegsherr General Chalifa Haftar. Beide werden von verschiedenen Staaten mit eigenen Absichten unterstützt.

Damit das kaputte Land am Mittelmeer nicht zur Brutstätte islamistischer Terroristen wird und sich dort keine zweite Flüchtlingskrise aufbaut, holt Berlin die entscheidenden Mächte an einen Tisch. Andere direkte Interessen als diese beiden hat Deutschland nicht, weshalb es glaubhaft den Vermittler geben kann. Bei den Teilnehmern der Konferenz sieht das anders aus. Russlands Präsident Wladimir Putin schickt sich an, nach Syrien einen zweiten Einflussbereich im Mittelmeer zu erobern. Russische Söldner der „Einheit Wagner“ kämpfen in Libyen an der Seite der Aufständischen. Putin setzt damit seine Großmachtpolitik fort.

Erdogan geht es um Bodenschätze im Mittelmeer

Ihm entgegen steht der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan, der den libyschen Ministerpräsidenten mit Material und Soldaten unterstützt. Erdogan geht es um den Schutz hoher türkischer Investitionen in Libyen und die Ausbeutung von Bodenschätzen im Mittelmeer. Außerdem kann er sich als Nachfolger der Sultane vom Bosporus inszenieren, die einst Nordafrika beherrschten. Italien wiederum hütet die Öl- und Gaslieferungen aus der früheren Kolonie. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als engster Partner Deutschlands spielt ein zwielichtiges Spiel. Eigentlich müsste Paris als EU-Mitglied an der Seite der anerkannten Regierung in Tripolis stehen. Tut es aber nicht. Frankreich lieferte Waffen an den abtrünnigen General Haftar.

Die Begründung lautet, dass dieser härter gegen Dschihadisten vorgeht. Natürlich soll es auch um Öllizenzen für den französischen Energieriesen Total gehen. Verkompliziert wird das Geflecht an widerstreitenden Interessen noch durch die Beteiligung Ägyptens und der Vereinigten Arabischen Emirate.

Ob eine Annäherung stattfindet, hängt vor allem von den USA ab

Ob sich in dieser explosiven Gemengelage am Sonntag Al-Sarradsch und Haftar zu einer Annäherung drängen lassen, ist völlig offen. Der General bedroht mit seinen Truppen Tripolis. Ob eine Entspannung gelingt, wird aber nicht von Deutschland, sondern von den USA abhängen.

Der US-Außenminister hat sein Kommen zugesagt. Nur die Vereinigten Staaten verfügen über genügend politische und militärische Macht, Haftar zu bestrafen, wenn er die fragile Waffenruhe brechen sollte. Die Europäer müssten beim Aufbau der Drohkulisse mittun, was bedeutet, dass Frankreich die Seiten wechseln müsste. Doch eigentlich hat US-Präsident Donald Trump seinen Wählern versprochen, sich aus Kriegsabenteuern irgendwo in der Welt herauszuhalten. Ende dieses Jahres entscheiden die Amerikaner, ob er eine zweite Amtszeit bekommt. Daher erscheint in Berlin höchstens eine Stabilisierung als machbar, damit die Kämpfe nicht wieder auflodern.

Das Beispiel des Landes ist für Europäer und Amerikaner eine bittere Lektion. Im Jahr 2011 halfen sie dabei, den Diktator Muammar al-Gaddafi zu stürzen. Dann überließen sie Libyen sich selbst. Es ist viel schwieriger, den Frieden zu gewinnen als den Krieg. Das Vakuum, das der Westen verursachte, füllen nun andere. Die Folgen davon werden die Europäer zu spüren bekommen.

 
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