Knapp zwei Wochen vor der entscheidenden Sitzung des Klimakabinetts steuern die Koalitionspartner Union und SPD auf eine Lösung zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu. Nach außen hin sind die Fronten zwar noch verhärtet, doch intern zeichnet sich nach Einschätzung beteiligter Politiker langsam eine Linie ab.
Selbst zwischen CDU und CSU hatte es zu Beginn der Verhandlungen über ein Klimapaket zunächst geknirscht. Mittlerweile gibt es in der Union aber „ein ganz hohes Maß an Gemeinsamkeit“, wie Unions-Fraktionsvize Andreas Jung am Donnerstag dieser Redaktion sagte. Der Konstanzer CDU-Abgeordnete hat von seiner Partei den Auftrag bekommen, zusammen mit Georg Nüßlein von der CSU ein Konzept für Steuern und Abgaben im Energiebereich zu entwickeln.
55 Prozent weniger Treibhausgas
Das Ziel ist klar: Im Jahr 2030 soll Deutschland 55 Prozent weniger Treibhausgas in die Atmosphäre blasen als noch 1990. Für die Union steht mittlerweile auch einer der Königswege dahin fest: der Emissionshandel. Bisher gibt es ihn für die Bereiche Industrie und Stromerzeugung. Künftig wären auch der Verkehr und das Heizen einbezogen. Unternehmen müssen für ihren Treibhausgas-Ausstoß Rechte (Zertifikate) kaufen.
Sparen sie CO2 ein, dürfen sie diese Zertifikate verkaufen. Sie können somit Gewinn machen, wenn sie sich umweltfreundlich verhalten. Für diese Form der CO2-Bepreisung habe sich bei einer Klausurtagung in Potsdam „ungewohnt deutlich“ auch Kanzlerin Angela Merkel ausgesprochen, sagte CDU-Mann Andeas Jung.
Die SPD lehnt einen solchen Zertifikatehandel offiziell ab. Teile der Partei, vor allem Bundesumweltministerin Svenja Schulze, sind für eine CO2-Steuer. Doch dazu ist wiederum aus Fraktionskreisen zu hören, dass dieser Kurs nicht zwingend eine Mehrheit bei den Sozialdemokraten findet. Einer der Hauptgründe ist die Europäische Union. Eine deutsche Regelung zur CO2-Bepreisung soll nämlich auch in europäisches Recht überführt beziehungsweise mit bestehenden EU-Regeln kompatibel gemacht werden. Für bestimmte Bereiche gibt es einen EU-Emissionshandel schon. Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich kürzlich erst für eine Ausweitung ausgesprochen. Eine EU-CO2-Steuer hingegen wäre deshalb nicht durchsetzbar, weil Brüssel keine Steuerkompetenz hat.
Zertifikate und ein Festpreis
Damit die SPD beim Klimakabinett am 20. September auch zu ihrem Recht kommt, ist nach Einschätzung aus Koalitionskreisen folgendes Szenario denkbar: Für den Einstieg in den Zertifikatehandel wird zunächst ein Festpreis festgelegt. Der wäre praktisch gleichbedeutend mit einer Abgabe oder Steuer. Damit könnten sich zumindest für den Anfang beide Seiten zufriedengeben. Die Union wäre einem Festpreis, aus dem heraus sich dann später Preise nach unten und oben entwickeln, wohl nicht abgeneigt. Fraktionsvize Jung hatte ihn schon früher als gangbaren Weg ins Spiel gebracht.
Für den Verbraucher hieße sowohl eine Steuer als auch der Rechtehandel, dass sie für Heizen und Tanken mehr bezahlen müssten. Möglicherweise gibt es bereits kommende Woche Klarheit darüber, was genau fällig wird. Für den Koalitionsausschuss am 13. September wird ein finaler Entwurf angepeilt.