Ein Blick auf die Tagesordnungen des Bundestages zeigt den ganzen Wahnsinn: Bis zwei, drei, auch schon vier Uhr morgens sind dort Debatten über politische Thema angesetzt. Das war im Grunde genommen noch nie anders, doch früher wurden Reden zu diesen nächtlichen Tagesordnungspunkten meist zu Protokoll gegeben, ohne dass sie verlesen wurde. Die Sitzungen waren also in der Regel zu einer erträglichen Zeit beendet. Seit die AfD im Bundestag sitzt, funktioniert das nicht mehr so reibungslos, weil sie oft auf eine Debatte besteht und die Fraktionen damit zur Anwesenheit verdonnert. Das will der Bundestag am Mittwoch ändern.
Erreicht werden soll ein früheres Sitzungsende unter anderem dadurch, dass Tagesordnungspunkte vom Donnerstag auf den Mittwoch vorgezogen werden, wie Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) am Dienstag bekräftigte. Entzerrungen soll es auch durch kürzere Redezeiten und eine Verkürzung der Fragestunden von 90 auf 60 Minuten geben.
Vor kurzem hatten die Abgeordneten Simone Barrientos (Linke) und Matthias Hauer (CDU) während des Plenarbetriebs Schwächeanfälle erlitten. „Natürlich haben die beiden Vorfälle Überlegungen intensiviert, wie wir an der Stelle ein bisschen entlasten können“, sagte Grosse-Brömer. Die Debatte über eine Änderung der Abläufe läuft aber schon länger. Auch, weil es Beschwerden von Bundestags-Mitarbeitern gab: Stenografen, Sicherheitskräfte, Regierungsmitarbeiter müssen ebenfalls lange wachbleiben.
Die AfD will die Änderungen nicht mittragen, sie besteht auf ausführliche Debatten. Ein Angebot der anderen Fraktionen, im nächsten Jahr eine zusätzliche Sitzungswoche anzuberaumen (in diesem Jahr sind 21 Wochen angesetzt) verlief allerdings im Sande. Die AfD, hieß es in Bundestagskreisen, habe dafür ausgerechnet Anfang Januar vorgeschlagen. Da finden allerdings schon seit vielen Jahren die Klausurtagungen der CSU-Landesgruppe und der CDU statt sowie das Dreikönigstreffen der FDP. Nicht wenige Abgeordnete vermuten deshalb Absicht hinter diesem AfD-Vorschlag. Anderseits ist es nicht neu, dass Fraktionen Sitzungen hinauszögern, wie die Bemerkung eines langedienten Unionspolitikers zeigt: „Als wir in der Opposition waren, haben wir das doch genauso gemacht - alles nur, um die Regierung zu ärgern.“