Markus Söder macht auch ein Jahr nach der Gründung gar kein Hehl daraus, worum es ihm mit der eigenen Grenzpolizei geht: Ein besseres Sicherheitsgefühl der Bevölkerung sei das Hauptziel. Solange der Schutz der Außengrenzen der EU nicht richtig funktioniere, werde "dieses Defizit ausgeglichen durch die bayerische Grenzpolizei", erklärt er. Eine Art "Bayern-Frontex" sei die Grenzpolizei deshalb. Und ein "Stoppschild für alle Schlepper, Schleuser und Kriminellen".
Am 1. Juli 2018 wurde die bayerische Grenzpolizei offiziell in Dienst gestellt. Zeit für Söder und seinen Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU), Bilanz zu ziehen: Rund 13 Prozent mehr Aufgriffe habe die personell und technisch aufgerüstete Grenzpolizei in ihrem ersten Einsatzjahr erzielt als ein Jahr zuvor die im grenznahen Raum eingesetzten Schleierfahnder. Unter den mehr als 26000 Fällen seien knapp 3200 Rauschgiftdelikte, 750 vollstreckte Haftbefehle und 4800 Verkehrsdelikte gewesen. In knapp 1400 Fällen wurde eine unerlaubte Einreise festgestellt.
Nur 34 Ausländer direkt an der Grenze aufgegriffen
Söder nennt diese Zahlen einen "Mega-Erfolg". Doch der Ausbau der grenznahen Schleierfahndung war nie wirklich politisch strittig. Politischen Ärger verursacht vielmehr der Einsatz bayerischer Polizisten direkt an der Grenze - für deren Schutz an sich die Bundespolizei zuständig ist. Die bayerische Bilanz hier ist deutlich übersichtlicher - und es gibt die Zahlen nur auf ausdrückliche Nachfrage: 362 mal haben demnach bayerische Grenzpolizisten im ersten Einsatzjahr eigenständig direkt an der Grenze kontrolliert. Dabei seien 203 Verstöße festgestellt und 14 Haftbefehle vollstreckt worden. 34 Ausländer seien mangels Einreisepapieren aufgegriffen und an die Bundespolizei überstellt worden. Diese habe 15 dieser Personen direkt an der Grenze zurückgewiesen. Zur Erinnerung: Der inzwischen fast vergessene Streit zwischen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um exakt diese Zurückweisungen hätte im Sommer 2018 fast die Berliner Regierungskoalition gesprengt.
Schon lange muss sich Söder deshalb den Vorwurf des Etikettenschwindelsgefallen lassen: De facto sei die Grenzpolizei nur eine verstärkte Schleierfahndung, die - wie früher auch schon - auf Anforderung oder in enger Absprache mit der Bundespolizei auch direkt an der Grenze kontrollieren darf, so diese Kritik. Von "Bilanzierungstricks" spricht deshalb etwa die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze: Die früher schon erfolgreiche Schleierfahndung kaschiere "die magere Ausbeute dieser sogenannten Grenzpolizei". Nur 34 eigene Aufgriffe vermeintlich illegal Eingereister zeigten die ganze Absurdität der CSU-Politik: "Alle 24 Tage ein Treffer: Dafür braucht es keine Bayern-Grenzer", findet Schulze.
Natürlich seien die Fallzahlen bei der Schleierfahndung deutlich höher, als direkt an der Grenze, "weil wir zum überwiegenden Teil Schleierfahndung betreiben", räumt Grenzpolizei-Chef Alois Mannichl offen ein. Die nun geschaffene Möglichkeit, durch einen "sehr flexiblen Einsatz" an unterschiedlichen Stellen zu kontrollieren, erhöhe jedoch die Erfolgschancen, beteuert er.
Herrmann verschiebt den Fokus hin zur Kriminalitätsbekämpfung
Innenminister Herrmann verschiebt den Fokus zudem bereits seit einiger Zeit weg von der Flüchtlingskontrolle - dem eigentlichen Auslöser der Gründung der Grenzpolizei - und hin zur Kriminalitätsbekämpfung. Die Statistik zeige eindeutig : "Ein Fokussierung auf das Kriminalitätsgeschehen im Grenzraum ist unerlässlich", findet Herrmann. Und auch Söder stellt fest: "Es ging immer um illegale Einwanderung. Aber es geht auch um grenzüberschreitende Kriminalität."
Die CSU-Politiker wollen deshalb auch an der Verdoppelung der Personalstärke auf tausend Beamte bis 2023 festhalten. Entgegen der von den Grünen bereits eingereichten Verfassungsklage besteht für Herrmann zudem "kein Zweifel, dass das, was wir hier machen, zulässig ist". Und Kritik etwa aus Österreich an den vielen Verkehrskontrollen in Bayern schickt Söder postwendend zurück: Die Verkehrsbehinderungen im Grenzverkehr kämen doch "vor allem aus Österreich".