Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“ Diese alte Fußballerweisheit ist oft belächelt worden, passt aber gerade ziemlich gut auf die CDU und ihre Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Nach dem knappen Sieg beim Hamburger Parteitag schien die Saarländerin das neue Gesicht der CDU werden zu können. Ein halbes Jahr später hat sich die Lage gewandelt: AKK wird kritisiert – und auf einmal rückt ihr auch der alte Herausforderer Friedrich Merz wieder auf den Pelz.
Merz ließ es in der ARD-Talkshow von Sandra Maischberger richtig krachen. „Wenn Annegret Kramp-Karrenbauer mich anruft und fragt, denke ich darüber nach“, erklärte der braungebrannte Sauerländer zur Frage einer Kanzlerkandidatur. Der ehemalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion betonte zwar sofort, dass die Debatte derzeit nicht anstehe. „Wenn es soweit ist, wird die Diskussion geführt“, sagte er. Doch wenn es nach dem studierten Juristen geht, muss Deutschland auf diese Diskussion nicht lange warten. Die GroKo werde den Jahreswechsel nicht erleben, prophezeit Merz.
Sprache und Umgangsformen
Oft sind es die kleinen Dinge, die den Unterschied ausmachen. Bei seiner Kommentierung zum mutmaßlichen Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zeigte Merz mehr Sprachgeschick als „AKK, die Pannen-Chefin“, wie die „Süddeutsche Zeitung“ sie jüngst betitelte. „Wir haben es mit einer fatalen Verrohung der Sprache und Umgangsformen zu tun. Und dort wo Sprache verroht, verrohen die Umgangsformen. Und wo die Umgangsformen verrohen, geschehen politische Anschläge“, sagte Merz in der ARD.
Bei Kramp-Karrenbauer hatte sich das kurz zuvor so angehört: „Auch Sprache kann eine Waffe sein. Sie kann verteidigen und schützen, aber Sprache kann auch verletzen und in letzter Konsequenz sogar töten“, erklärte sie und löste damit auch in ihrer Partei einiges Befremden aus. Sprache tötet?
„Wir müssen zusammen stehen und unser Land, unsere Werte und unsere demokratische Verfassung gegen rechte Gewalt, gegen Hass und Extremismus verteidigen“, erklärte AKK noch in dem schriftlichen Statement, und musste sich auch für diesen Lapsus hinter vorgehaltener Hand Spott gefallen lassen. Dass es (zusammengeschrieben) „zusammenstehen“ heißen muss, wäre in anderen Zeiten ignoriert worden. Nicht aber bei Kramp-Karrenbauer, die beim Umgang mit dem Rezo-Video auf korrekte Sprache und Regeln im Internet gedrungen hatte.
Apropos Rezo. Angesichts des millionenfach angesehenen „Zerstört die CDU“-Videos des blauhaarigen Youtubers teilte sogar Kanzlerin Angela Merkel gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und das Konrad-Adenauer-Haus aus. „Das eigentliche Manko – und das wissen wir aber inzwischen auch – war, dass man es zu abwehrend gesehen hat“, urteilte sie bei einer Veranstaltung in Goslar. Es sei doch schade, dass man sich „nicht einfach mal drauf eingelassen hat und gesagt hat: Damit gehe ich jetzt mal locker um“.
Selbst wenn Merkel AKK nicht beim Namen nennt – der neuen Chefin im Adenauer-Haus dürften die Tipps nicht wirklich gefallen, die sie von Merkel ziemlich unverklausuliert serviert bekommt. „Ich glaube“, sagt die Kanzlerin in Goslar, „dass uns im Augenblick etwas fehlt, und daran müssen wir arbeiten: Dass wir nicht positiv genug in die Zukunft schauen.“
Jetzt kommt die „Mobilität der Zukunft“
Bei so viel Gegenwind sucht Kramp-Karrenbauer ihr Heil in der Umweltpolitik. Am Montag soll die Parteispitze unter ihrer Leitung ein Konzept zur „Mobilität der Zukunft“ beschließen. Das Papier der CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl (Baden-Württemberg) und Bernd Althusmann (Niedersachsen) legt den Fokus auf die Förderung der Elektromobilität und spart die heißen Eisen aus. Das heißeste ist derzeit die Frage, ob der Ausstoß von CO2 Geld kosten soll.
Für diese und andere Fragen der Energiebesteuerung hat AKK die stellvertretenden Unions-Fraktionsvorsitzenden Andreas Jung (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) mit der Ausarbeitung eines Konzepts beauftragt, im September soll es vorliegen. Die beiden erfahrenen Unions-Politiker werden kaum Zeit haben, die Sommerferien zu genießen. Denn allein schon bei der CO2-Bepreisung gehen die Meinungen in CDU, CSU und SPD ganz weit auseinander.
Wenn AKK Glück hat, legen Jung und Nüßlein ein Konzept vor, dem auch die SPD zustimmen kann und das dann wie geplant Mitte September ins neue Klimaschutzgesetz einfließt. Wenn die Saarländerin kein Glück hat, verschiebt sich die Angelegenheit und sie ist wieder ein Stückweit beschädigt. Kommt auch noch Pech hinzu, und die CDU verliert bei den Landtagswahlen Anfang September in Sachsen und Brandenburg gegen die AfD, muss AKK mit ihrer Auswechselung rechnen. Es könnten dann Spieler wie Friedrich Merz auflaufen. (mit Informationen von dpa)