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WIEN
30 Jahre Demokratie in Ungarn
Mariele Schulze-Berndt
 |  aktualisiert: 30.06.2019 02:10 Uhr

Am 27. Juni 1989 zerschnitten der österreichische Außenminister Alois Mock und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn vor Fernsehkameras aus aller Welt den Grenz- Stacheldraht zwischen ihren Ländern. Er trennte damals den freien, demokratischen Westen vom unfreien Osten. Am 19. August folgte an der Grenze das „paneuropäische Frühstück“ mit einer dreistündigen Grenzöffnung. Otto von Habsburgs Paneuropa Union hatte es initiiert. Hunderte DDR Bürger flüchteten nach Österreich. Das Ende des Eisernen Vorhangs war gekommen.

Ungarns heutige Regierung kann diese Ereignisse kaum glaubwürdig feiern. Denn dem rechtsnationalen Regierungschef Viktor Orbán wird vorgeworfen, die vor 30 Jahren erkämpfte Demokratie zu zerstören und ein autoritäres Regime zu etablieren. Der jüngste Beweis dafür ist, dass die ungarische Akademie der Wissenschaften in ihrer Freiheit bedroht wird. Forschungsinstitute sollen ausgelagert und an regierungstreue Einrichtungen angebunden werden.

Druck auf Forschungsinstitute

Anders als die vom US-Milliardär George Soros mitgegründete Central European University (CEU) könne die Akademie der Wissenschaften als eine der ältesten Institutionen Ungarns „nicht nach Wien umziehen“, klagte der Präsident der Akademie Laszlo Lovasz. Die CEU lehrt ab September auch in Wien. George Soros, 88, erhielt dort jetzt den Joseph-Schumpeter-Preis für sein „Lebenswerk im Dienst der Freiheit“. In seiner Danksagung versicherte er, die CEU werde einen „wesentlichen Beitrag zum wissenschaftlichen und kulturellen Fortschritt des Landes beitragen“. Auf Druck der rechtsnationalen Regierung Orbáns musste die CEU Studiengänge nach Wien verlegen, die amerikanische Abschlüsse anbieten. Soros, der den Holocaust in Ungarn überlebt und nach dem Krieg in den USA ein Vermögen gemacht hat, wurde in Ungarn zum erklärten Feindbild der regierenden Fidesz-Partei. Ein Grund ist, dass seine Stiftung „Open Society“ die ungarische Zivilgesellschaft in ihrem Einsatz für die Demokratie unterstützt.

Autoritäre Politik

CEU-Rektor Michael Ignatieff gab bei der Ehrung der EU-Strukturförderung Mitschuld an der politischen Entwicklung in Ungarn. Autoritäre Regime könnten sich „der Loyalität ihrer Wählerschaft mithilfe des Geldes anderer“ versichern, sagte er. „Die Europäische Integration hilft bei der Konsolidierung des Ein-Parteien-Staates.“ Ein Grund dafür liege in den Europäischen Verträgen. Sie seien zu sehr auf Wirtschaftsbeziehungen und nicht auf die akademische oder politische Freiheit ausgerichtet. Deshalb habe die EU keine wirksame rechtliche Handhabe gegen Orbáns autoritäre Politik. Die EU sei viel stärker „bei der Verteidigung ihrer Interessen als bei der Verteidigung ihrer Werte“.

Orbans Fidesz-Partei steht wegen ihrer antidemokratischen Politik unter Beobachtung der Europäischen Volkspartei. Die Mitgliedschaft ruht. Ein Weisenrat aus Ex-EU-Parlamentspräsident Hans Gerd Pöttering, CDU, dem früheren österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und dem belgischen früheren EU-Ratspräsidenten Herman van Rompuy untersucht, ob Fidesz die demokratischen Ansprüche der EVP erfüllt.

 
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