Wer schlechte Umfragewerte hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen: Auf zwölf Prozent war die Bayern-SPD in Umfragen zuletzt abgestürzt. Die Genossen drohen bei der Landtagswahl am 14. Oktober gar hinter Grüne und AfD zurückzufallen. Ob Bayern-SPD-Chefin Natascha Kohnen vielleicht auf ein „Modell Sachsen“ setzt, wird deshalb im Landtag schon gewitzelt: Im Nachbar-Freistaat hatten sich die Sozialdemokraten einst mit unter zehn Prozent in eine Koalitionsregierung geschrumpft.
Kohnen ist ein umgänglicher Typ, weshalb sie auch solche Gemeinheiten mit einem freundlich-müden Lächeln wegsteckt. Zumal sie locker kontern kann, dass sich ihre Partei im Gegensatz zu Grünen, Freien Wählern und FDP der Söder-CSU nicht als Koalitionspartner andienen will. Solch plumpe Anbiederung an die Macht sei nicht ihr Ding, beteuert die 50-Jährige selbstbewusst: „Die Menschen sind klug und verstehen, was echte Haltung ist und was nur Wahlkampfgetöse.“
SPD-Optimismus im Umfragekeller
Von gedrückter Stimmung angesichts der mauen Umfragewerte ist bei Bayerns Sozis ohnehin nichts zu spüren: Auf dem Landesparteitag in Weiden dominiert unter den rund 300 Delegierten sogar der Optimismus: „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, beteuert etwa die unterfränkische SPD-Europaabgeordnete Kerstin Westphal. Dass die SPD nun mit dem Rücken zur Wand stehe, könne gar ein Vorteil sein, findet sie entspannt: „Die Existenzfrage motiviert jeden und jede Einzelne.“
Bayerns Genossen haben schon viele politische Tiefschläge weggesteckt: 14 Mal in Folge haben sie bei Landtagswahlen verloren. Seit 1957 hoffen sie auf die Trendwende – mit der populären Renate Schmidt, dem netten Franz Maget oder zuletzt mit dem eigensinnigen Christian Ude. „Diesmal klappt's wirklich“, redeten sie sich immer wieder ein – am Ende jubelte stets die CSU. Doch so weit unten wie derzeit stand die stolze Partei in ihrer 125-jährigen Landtags-Geschichte noch nie.
Kohnen sieht die SPD auf einer Mission
Woher nimmt eine so oft gedemütigte Partei ihre Zuversicht? Die SPD habe eine Mission, erklärt Kohnen in Weiden: Denn während die CSU die Gesellschaft spalte, führe die SPD zusammen. „Millionen von Menschen setzen deshalb ihre Hoffnung auf uns. Und egal, wie die Umfragen stehen: Wir lassen diese Menschen nicht hängen.“
Solidarität mit den Schwachen, Arbeitnehmerrechte, ein klares Bekenntnis zu Europa: Inhaltlich sei die Bayern-SPD mit sich im Reinen, analysiert ein Parteistratege: „Viele in der Partei sagen: Wenn das nur zwölf Prozent der Wähler unterstützen, dann ist es halt so.“ Während die CSU panisch reagiert, nur weil sie bei gut 40 Prozent stagniert, herrscht bei der SPD folglich selbst im Umfragekeller noch blendende Stimmung.
Was nicht heißt, dass die Genossen in Bayern nicht gerne mehr Zustimmung hätten. Ein großes Hindernis sieht Kohnen jedoch im Bundestrend: „Wir werden auch in den nächsten Monaten nicht den Rückenwind haben, den wir uns wünschen“, warnt sie in Weiden. Vor allem das Thema Asyl belastet die Partei: Denn die klare Parteilinie pro Zuwanderung steht im krassen Widerspruch zur Gefühlslage in weiten Teilen der klassischen Anhängerschaft.
„Der CSU geht es nur um ihr Ego“
Kohnen würde deshalb lieber gar nicht mehr über Asyl reden, sondern nur noch über bezahlbares Wohnen, kostenfreien ÖPNV oder bessere Kitas. Der neue Asyl-Konfrontationskurs der CSU eröffnete ihr in Weiden immerhin die Möglichkeit, die Landtagswahl zur Abstimmung für oder gegen Europa zu erklären: Während die SPD klar zur Einheit Europas stehe, wollten Söder, Seehofer und „der Kettenhund Dobrindt“ die EU durch eine „Achse der Verantwortungslosigkeit“ ersetzen, warnte sie. Im Sinne Donald Trumps laute das neue CSU-Motto: „Bayern zuerst, der Rest ist mir egal.“ Dabei gehe der CSU längst nicht mehr um Bayern, findet Kohnen: „Es geht denen nur noch um die Macht und um ihr Ego.“
Die SPD-Spitzenkandidatin würde im Zweifel wohl eher Europa retten, als für die SPD eine Landtagswahl zu gewinnen. „Wenn sie zu Überzeugungen stehen, dann wird das belohnt werden“, hofft sie. Auch wenn es manchmal etwas länger dauert.