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Unterm Strich: Unterm Strich: Von Majestäten und Scharfrichtern
Angelika Becker
Angelika Becker-Völker
 |  aktualisiert: 02.06.2016 03:24 Uhr

Es reicht mit Böhmermann und Erdogan. Was schert uns, wer wen beleidigt, der Satiriker den Präsidenten oder der Präsident die Satire. Die Sache läuft von allein. Bedauern wir lieber Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die Arme bereut jetzt, die Majestätsbeleidigung nicht abgeschafft zu haben. Erfunden wurde das Kapitel übrigens im goldenen Zeitalter der Scharfrichter. Das eröffnete die Bamberger Peinliche Halsgerichtsordnung von 1507, Vorläuferin des ersten deutschen Strafgesetzbuches von 1532. Wer allergnädigste Herren lästerte, erfuhr keine Gnade, sondern wurde an Ehre, Leben und Gut gestraft. Das 19. Jahrhundert drohte nur mit Festungshaft für freche Worte gegen Obere, gerne genutzt gegen politische Gegner und eigensinnige Schreiber. Einer war Frank Wedekind. Der schlug freilich dreist mit dem satirischen Henkersbeil zurück, als einer der „Elf Scharfrichter“ des gleichnamigen und ersten politischen Kabaretts in Deutschland, das im April 1901 in München Premiere hatte, 45 Jahre nach dem ersten Einsatz der Guillotine in Bayern und etwa genau so viele Jahre vor dem letzten. Wie oft es dabei um Majestätsbeleidigung ging, ist nicht überliefert. Bekannt ist aber, wer sich zum bisher letzten Mal an den zuständigen Paragrafen erinnerte: vor vier Jahren der damalige Bundespräsident Christian Wulff.

Ein Blogger hatte dessen Frau unvorteilhaft in seiner Internetkolumne abgebildet. Wulff ließ dann aber doch nicht ermitteln. Vielleicht fürchtete er den Beifall des Publikums beim Verfahren wegen Majestätsbeleidigung, das manchmal Realität für Kabarett und Kabarett für Realität nimmt.

 
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