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Unterm Strich: Was man so hört
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 09.09.2021 02:41 Uhr

Die alten Zeiten kennt man ja nur vom Hörensagen. Aber so viel steht fest: Es muss einst so gewesen sein, dass alle Menschen hören konnten. Zuhörer waren überall anzutreffen. Es gab sogar einige Spezialisten, die hörten mehr als andere. Beispielsweise das Gras wachsen. Oder die Flöhe husten. Wieder andere hatten sich darauf spezialisiert, versonnen dem lieblichen Trapsen der Nachtigall zu lauschen. Selbst Unerhörtes wurde gehört. Die hörigen Zeiten gingen so weit, dass alle, die nicht hören wollten, bestraft wurden und deshalb fühlen mussten. Man konnte hinhören und herhören, zu-, ab- und mithören. Dann fing das Weghören an. Seither reden alle nur noch. Hören ist aus der Mode gekommen. Da können die Flöhe husten, wie sie wollen. „Hört mir auf“, ist ein beliebter Gruß der Hör-Verweigerer. Selbst wer „Hört, hört!“ sagt, redet ja auch schon wieder. Evolutionär gesehen handelt es sich bei den Hör-Verweigerern um eine Unterart der Impfverweigerer. „Es hört doch jeder nur, was er versteht“ – das hatte schon Goethe erkannt. Damals war man allerdings noch ganz Ohr. Manche schrieben sich sogar etwas hinters Ohr – was heute allein schon wegen der vielen Tattoos nicht mehr geht. Die Menschheit steht vor einer entscheidenden Weggabelung: Was, wenn uns neben dem Hören demnächst auch das Sehen vergeht? Die Bundesregierung will deshalb gegensteuern. Zum einen will man ab sofort der Bau von Hörsälen vorantreiben, die unterirdisch mit Gehörgängen verbunden werden. Zum anderen soll jeder Bürger ab sofort ein Gratis-Abo der „Hörzu“ samt Hörbuch bekommen.

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