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Unterm Strich: Von Rothäuten und Bleichgesichtern
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 25.09.2020 02:11 Uhr

So schlecht kann es trotz Pandemie und Klimawandel nicht um diese Welt bestellt sein, wenn man, vor allem in den Sozialen Netzwerken, noch Zeit findet, sich über die Weltachse in Schwung haltende Themen wie Zigeunersoßen zu streiten. Die wird jetzt in „Paprikasoße ungarische Art“ umbenannt. Warten wir mal ab, was die Ungarn dazu sagen oder die Rechtsanwälte der Paprikaschoten. Überhaupt ein Fass ohne Boden, dieses von jedem Verdacht reinwaschende Neusprech. Können wir noch guten Gewissens alte Winnetou-Filme schauen, in denen es von Bleichgesichtern und Rothäuten nur so wimmelt? Können wir uns auf der anderen Seite eine Neuverfilmung vorstellen, in der ein sprachlich korrekter Sam Hawkins davon schwadroniert, dass Angehörige der Ethnie der amerikanischen Ureinwohner ihm seinen Skalp rauben wollten? Dürfen wir beim Bäcker noch guten Gewissens ein Schwarzbrot bestellen? Machen wir uns verdächtig, wenn wir vollmundig ein Weißbrot haben wollen, und was sagen eigentlich die Bauern dazu, dass man eins nach ihnen benannt hat? Spatzi darf nicht mehr Spatzi heißen, weil es zu sehr an Spezi erinnert. Spitzl wäre eine nette Alternative, aber was sagt der Geheimdienst dazu? Wir wissen es nicht und sind ratlos. Was wir mit Sicherheit wissen, ist dass wir im kommenden Winter – sollte es tatsächlich wieder einmal schneien – die Kinder nicht auffordern, einen Schneemann zu bauen, denn der wird inzwischen umgangssprachlich mit dem Koks-Dealer gleichgestellt, weshalb der Begriff manches besorgte Elternteil auf die Barrikaden bringen könnte.

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