Wenn uns die Menschheit mit ihrem Tun wieder einmal rätseln lässt, dann gibt uns Blaise Pascal erschöpfend Antwort: „Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“ Man könnte das kluge Wort als Transparent über die Alte Mainbrücke in Würzburg spannen, damit die Brückenschoppler etwas zum Nachdenken haben. Wir suchen aber ein Vorbild in der Natur, das den Menschen in der Corona-Pandemie an die Abstandsregeln erinnert. Auf der Insel Campell Island im Südpazifik, knapp 600 Kilometer südlich von Neuseeland, stemmt sich Picea sitchensis gegen die ununterbrochenen Winde, die über die Insel fegen. Picea sitchensis ist eine Fichte. Die einzige Fichte auf der Insel, überhaupt ist sie der einzige Baum, der hier mutterseelenallein den Stürmen trotzt. Der Leser dieser Zeilen wird bemerken: Die gebotenen Abstandsregeln hält er auf jeden Fall ein! Tatsächlich müsste Picea sitchensis 250 Kilometer auf seinen uralten Wurzeln laufen, um einen Artgenossen anzutreffen. Die Fichte stillt aber ihren Durst allein, braucht keine Gaststube und wird es auch verschmerzen, wenn sie bei keinem Adventsmarkt von niemandem zum Schunkeln aufgefordert wird. Die Fichte ist ein Vorbild für diese schwierigen Zeiten, weil sie zu allem auf Abstand bleibt. Sie trägt erst seit 1973 den Titel des einsamsten Baumes. Zuvor war es eine Schirmakazie im Niger mit 400 Kilometern Distanz zum nächsten Baum. Dann fuhr sie ein betrunkener Lastwagenfahrer um. Man sieht, was der Mensch anzurichten vermag, wenn er Abstandsregeln missachtet.
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