In der politischen Auseinandersetzung kann Satire ein Mittel des Protests sein. So wird in Zeiten, in denen Protestwähler politische Gesetzmäßigkeiten außer Kraft setzen und Parteiensysteme durcheinanderwirbeln, Satire zum Machtmittel.
Umso verwunderlicher ist es, dass die SPD ein solches Mittel ungenutzt lässt: Jan Böhmermann. Der Satiriker ist erst kürzlich in die SPD eingetreten – eigentlich mit dem Ziel, neuer Obergenosse zu werden. Doch anstatt Böhmermann kämpft nun ein unlustiges Dutzend altbekannter SPD-Politiker um den Thron im Willy-Brandt-Haus. Welch verpasste Chance, den tiefen Fall der SPD zu stoppen! Haben die Sozialdemokraten nicht nach Italien geschaut, wo die Fünf-Sterne-Bewegung des Kabarettisten Beppe Grillo in der Regierung sitzt? Oder nach Brüssel, wo die Satirepartei „Die Partei“ von Martin Sonneborn die bierernsten EU-Parlamentarier ärgert? Oder in die Ukraine, wo mit Wolodymyr Selenskyj ein Satiriker Präsident ist, der vorher in einer TV-Serie die Rolle des ukrainischen Präsidenten spielte? Auch die USA und Großbritannien werden offensichtlich von Satirikern regiert. Doch bei der SPD sieht man in Böhmermann nichts weiter als ein „fleißiges Basismitglied“.
Der Koalitionspartner ist da weiter: Bei der CDU brilliert Philipp Amthor, 26, mit seiner humoristischen Darstellung eines älteren Herrn. Und in der CSU hat das Komiker-Duo Dobrindt/Scheuer mit ihrem monatelangen Maut-Sketch Kabarettgeschichte geschrieben. Vielleicht ist das alles aber auch nicht Stil der SPD. „Wir sind keine Satirepartei“, hieß es kürzlich. Stimmt. Seit längerem ist die SPD eher Tragödie als Komödie.