In den Zeiten vor Corona folgten dem alljährlichen Sommerurlaub oft die Herbst- und Winterabende mit Erinnerungsaustausch mittels Dia-Shows, Super-8 oder Videos. Man genoss wahlweise Bilder der Gattin des Gastgebers an einem exotischen Strand, Fotos sogenannter „Geheimtipps“ und blumige Erzählungen über ebenso preisgünstige wie einmalig-schöne Ferienunterkünfte oder das Feilschen um exotische Mitbringsel. Letzteres wurde auch schon mal, wie einst satirisch beschrieben, zum „Ohnebringsel“, wenn der Gast dem Gastgeber (oder vice versa) erzählte, was er ihm gern mitgebracht hätte, wenn nicht ein Verkäufer es versemmelt oder die Beschaffung aus irgendeinem fiesen Grund nicht geklappt hätte. Hätte, hätte, Fahrradkette. „Hätte, hätte“ ist auch im Corona-Sommer Erzähltrend (Prädikat: geplant, gebucht, gecancelt). Jedes „Hätte“ klingt besser, protziger oder übertriebener als das andere. Man hätte Elvis Presleys Grab in Graceland besucht, wahlweise Eisschollen-Hüpfen im Nordmeer oder Inselhüpfen in der Südsee gemacht, hätte an den Victoria-Fällen Wasser geschöpft oder hätte Yetis Spuren im Himalaya entdecken können. Statt olympischer Spiele Stornierungszehnkampf beim Gewinnspiel „Wie viele Urlaubspläne sind flachgefallen?“. Norwegen, Schottland, Kroatien, Island, Kreta, Arizona, Apulien – Reihenfolge beliebig. Neues gibt?s dann wenigstens beim „Abenteuerurlaub“: Quarantäne in einem subtropischen Land. Aber nee, danke: dann doch lieber wie früher Bilder von kitschigen Sonnenuntergängen und „Hätte-Hätte-Fahrradkette“ mit Ohnebringsel.
Unterm Strich: Geplant, gebucht, gecancelt
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