Es scheint wie ein ehernes Naturgesetz: Sobald die Blätter fallen und die Nebel wallen, erwacht ein vergessen geglaubter alter Bekannter aus einem monatelangen Frühlings- und Sommerschlaf. Ein kaum zähmbares Monster, das in neuerer Zeit vorwiegend in deutschen Vorgärten sein tosendes Unwesen treibt. Keiner weiß, woher es kam, und wehe dem, der es eingeschleppt hat. Fest steht nur: Mit der Ruhe ist es seither vorbei im deutschen Herbst. Bunt sind zwar die Wälder, gelb die Stoppelfelder. Früher aber – die Älteren werden sich erinnern – tönten Geige und Flöte bei der Abendröte. Und im Mondenglanz? Ja, richtig, da begannen junge Winzerinnen frohen Erntetanz. Wie, bitteschön, soll das gehen mit dem Tanz, wenn man Geige und Flöte gar nicht mehr hören kann angesichts der gerade wieder spürbar anschwellenden Geräuschkulisse? Pünktlich mit Pigmentierung der Blätter erheben sich Laubbläser und Laubsauger aus ihrem Futteral, lassen die Düsenmotoren aufheulen und jagen dröhnend die Gärten und Trottoire auf und nieder, hier ein Blättchen in ihren metzelnden Schlund saugend, dort gierig ein Häufchen Reisig verschlingend, stets geführt von martialisch anmutenden Herren mit Plastikvisier über geröteten Wangen. Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann, wusste schon Loriot. Und hinter den Fenstern zittern Mensch und Tier. Von der Laubbläser-Fraktion heißt es, jedes Motorrad, ja selbst die Müllabfuhr, sei mindestens genauso laut, vom Geschrei der Nachbarn ganz zu schweigen. Das ist natürlich wahr. Alles Launen der Natur, denen der Mensch heute hilflos ausgeliefert ist.
Unterm Strich: Es saugt und bläst der Heinzelmann
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