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Unterm Strich: Die Mondscheinsonate im Hühnerstall
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 05.02.2020 02:11 Uhr

Ludwig van Beethoven, kaum einer wird es bezweifeln, war im Rückblick betrachtet eine ziemliche Umweltsau. Wir halten ihm zugute, dass er sich gehaltvollere Melodien wie diejenige zum Gassenhauer „Unsere Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ erdacht hat. Aber wer je die Ode an die Freiheit in einer Version des geigenden Lockenkopfs André Rieu hören musste, weil die Fernbedienung nicht weiterzappen wollte, der weiß, wieviel Müll aus reinen Notenzeilen kommen kann, den man aus seinem Trauma-Gedächtnis nie mehr entsorgen kann. Im Dezember werden es 250 Jahre, dass Ludwig van Beethoven das Licht der Welt erblickte. Wie es sich für einen Titanen gehört, ist sein ökologischer Fußabdruck bis heute beachtlich. Millionenfach werden nicht nur CDs mit der Mondschein-Sonate produziert, sondern meterlange Gesamteinspielungen mit entsprechend meterlangen Plastikhüllen-Fronten. Das ist natürlich ein untragbarer Zustand in Zeiten, wo man die Schicksalssymphonie mit dem „Ta,ta, tataaa“ alternativlos nur ökologisch deuten kann. Den Traum von einer intakten Natur und einem glückenden Leben des Menschen in ihr, wie ihn Beethovens Pastorale-Sinfonie ausmalt, kann man sich plastikfrei eigentlich nur über eine Streaming-Plattform auf die Stereoanlage holen. Das wird im Jubiläumsjahr auch so geschehen, die Server-Farmen für diese Online-Musikdienste werden noch mehr Strom fressen. Wir werden also versuchen, so weit als möglich ohne Opa Beethoven auszukommen. Wir summen lieber „Unsre Oma fährt...“ vor uns hin. Im Original und damit umweltschonend.

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