Die Sterne standen günstig am 24. August 1930. Zumindest für Richard Harold Naylor. Weil der berühmte Astrologe Cheiro gerade keine Zeit hatte, durfte Mitarbeiter Naylor das Horoskop der eben geborenen Prinzessin Margaret für den „Sunday Express“ verfassen. Naylor kam in Fahrt, prophezeite dem royalen Baby nicht nur eine rosige Zukunft, sondern sagte gleich auch noch das eine oder andere Ereignis für den Rest der britischen Bevölkerung vorher. Beispielsweise: „29. August: Familiäre Streitigkeiten werden beigelegt“. Die Leser liebten es – und so begann vor 90 Jahren die Karriere des Zeitungshoroskops. Aus wissenschaftlicher Sicht gilt das Ganze bekanntlich als Quatsch, wird dem Horoskop bestenfalls Unterhaltungswert eingeräumt. Allein die Einteilung in die zwölf Tierkreiszeichen sei Mumpitz. Das schert Millionen von Deutschen aber kein bisschen. Viele Leser wissen: Erstaunlich vieles trifft zu! „Ihre Ideen finden heute Anklang“, „Sie können punkten“, „Lesen Sie heute Ihre Zeitung aufmerksam, und Sie werden interessanten Gesprächsstoff erfahren“ – wie oft sind die Vorhersagen doch treffgenau. Was laut Wissenschaft jedoch nur daran liegt, dass die Aussagen so vage sind, dass sie sich als halbwegs richtig herausstellen, wenn man sich nur bemüht. Bekannt als Barnum-Effekt, benannt nach dem Zirkusdirektor, der versprach: „Für jeden etwas.“ Was Naylor betrifft: Er landete einen Treffer, bevor ihm der Verleger eine feste Kolumne anbot. Was Margaret betraf, lag der Astrologe jedoch ziemlich daneben. Zeitlebens lief die feierwütige Prinzessin dem versprochenen Glück hinterher.
Unterm Strich: Die Gunst der Sterne
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