Schon die französische Königin Marie-Antoinette soll ihrem darbenden Volk empfohlen haben, wenn es kein Brot habe, solle es doch Kuchen essen. Nun ist die Brotknappheit im Frankreich des 18. Jahrhunderts nur schwerlich mit der Lebensmittelversorgung im Bayern des 21. Jahrhunderts vergleichbar. Dennoch wird im Freistaat gerade Brot durch Süßgebäck ersetzt. Genauer gesagt durch Krapfen. Schlagzeilen machte zuletzt ein Konditor aus Oberbayern, der ein Plagiat des eigentlich in Unterfranken erfundenen Leberkäs-Krapfens medial geschickt verwurstete. Inzwischen gibt es Berichte über einen Obazda-Krapfen, der in einem Café am Tegernsee angeboten wird, und einen Schäufele-Krapfen – auf Wunsch mit gewürfelter Kruste –, den ein TV-Koch in Nürnberg zusammenmatscht. Der Kreativität scheinen keine Grenzen gesetzt. Getreu der Weisheit „Im Magen kommt eh alles zam“ sind sowohl naheliegende Variationen mit Weißwurst oder Nürnbergerle als auch exotische Krapfen mit Dönerfleisch, Pizzabelag oder Sushi denkbar. Apropos Fisch: Fehlt nur noch, dass ein Fischrestaurantbetreiber mit Lese-Rechtschreibschwäche einen Leberkäs-Karpfen anbietet. Wem sich nun der Magen umdreht, sei getröstet: An Aschermittwoch ist die Krapfenzeit vorbei und es gibt wieder anständige Brotzeit. Oder man fastet. Derweil sollten wir uns freuen, dass wir uns in Bayern solch sonnenkönigliche Dekadenz leisten und Brot durch ein fettiges Süßgebäck ersetzen können. Wer weiß, wie lange noch? Finanzminister Olaf Scholz hat erst im Januar betont: „Die fetten Jahre sind vorbei.“
WÜRZBURG
Unterm Strich: Die fetten Jahre genießen
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