Ich habe in einem Buch gelesen: „Der Sonntag ist der Tag der Be-SINN-ung.“ Und: „Rituale machen nach-denk-lich.“ Besonders in Büchern zur Lebensberatung werden zuweilen Binnen-Silben durch Großschreibung hervorgehoben oder Wörter auseinandergerissen und neu verkuppelt, um den ihnen angeblich innewohnenden Sinn deutlich sichtbar offenzulegen. Da heißt es dann, ein Gedicht sei als „Er-Mut-igung“ gedacht (es wolle also Mut machen), oder: Helfen mache innerlich reich, sei also „hilf-reich“. Eine Partei will das Radfahren fördern und wirbt für „RADikalität“ in der Verkehrspolitik. Eine Journalistin meint, geschlechtergerechte Sprache schaffe eine Not ab, sei also „not-wendig“. Ist das nicht groß-artig formuliert? Ein Autor beschließt sein Buch mit einer Danksagung, übertitelt mit „Ge-Dank-en“ – um so auch den letzten begriffsstutzigen Hinterwäldlern klarzumachen, dass der Schöpfer dieses Wortungetüms nicht nur Gedanken hat, sondern gleichzeitig auch Dank sagen will. Da sich der Trend, Wörter mit Bedeutung aufzuladen und in unterschiedliche Richtungen aufzublasen, fortsetzen wird, hier einige Wortschöpfungen, die ich gratis zur Verfügung stelle: Wie wäre es mit „Arbeits-LOS“ als Wort für das Schicksal (also das Los), arbeitslos zu sein? Ist der dicke nordkoreanische Machthaber nicht ein „DICK-ta-TOR“? Braucht es für den intimen zwischenmenschlichen Verkehr nicht vielleicht VerkehrSEXperten? Und ist M-arsch-musik nicht für den Allerwertesten? Der Dichter Robert Gernhardt hatte schon Recht: „Mein Gott, ist das beziehungsreich, ich glaub', ich übergeb' mich gleich.“
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