Die Realität ist oft verwirrend. Bildhafte Vergleiche geben ihr sprachlich Gestalt. In der Finanzkrise sahen wir uns mit Rettungsschirmen, Hilfspaketen und einem Kredithebel konfrontiert. In der Migrationskrise sollte ein „atmender Deckel“ die Zahl der Flüchtlinge regulieren. In der Corona-Krise werden wir von einer Ampel regiert und einer Welle bedroht. Diese Welle lässt nicht nur die Infektionszahlen steigen, sondern spült auch immer neue Begriffe in unsere langsam überforderten Gehirne. Carsten Breuer, Leiter des Corona-Krisenstabs der Bundesregierung, erklärt, man könne jetzt nicht mehr von einer Welle, sondern müsse „eigentlich von einer Wand reden“. Andere meinen, die Welle schieße wie eine Mauer in die Höhe. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat nun noch einen weiteren Begriff eingeführt und gesagt, es gelte „aus der Wand der Omikron-Welle einen steilen Hügel zu machen oder zumindest die Höhe der Wand zu begrenzen“. Können wir diese Krise, die unsere Gesundheit und unser Sprachzentrum gleichermaßen bedroht, bewältigen? Gewiss. Und zwar so: Die Ampel muss die Welle mit einem atmenden Deckel versehen, einen Rettungsschirm zum Schutz vor dem über uns schwebenden Damoklesschwert aufspannen und gleichzeitig den Impfhebel so an der Corona-Wand ansetzen, dass die Mauer einstürzt und sich das bodenlose Fass der Querdenker selbst in den Schwanz beißt und dann im Sande verläuft. Wenn das alles ineinandergreift, werden wir von einem steilen Hügel aus die Welle verebben sehen und mit einem blauen Auge über den Berg kommen.
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