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Scheurings Wort zum Samstag: Künstlerischer Ausnahmezustand
Herbert Scheuring
Herbert Scheuring
 |  aktualisiert: 24.05.2022 10:01 Uhr

Ich weiß nicht genau, wann es anfing, aber ich lese jetzt immer häufiger von „Ausnahmesängern“. Eros Ramazzotti sei ein „weltweit populärer Ausnahmesänger“, schreibt eine Zeitung. Auch Max Mutzke oder Wincent Weiss gelten als „Ausnahmesänger“. Es heißt ja, die Ausnahme bestätige die Regel. Heute scheint es fast so, dass Ausnahmesänger die Regel sind. Auch Heinz Rudolf Kunze und Andreas Gabalier werden als „Ausnahmesänger“ angekündigt. Kit Armstrong dagegen gilt als „Ausnahmepianist“, Nigel Kennedy als „Ausnahmegeiger“ und Sting als „Ausnahmekünstler“. Vermutlich wird in der Musik bald der Ausnahmezustand verhängt. Und im Filmgeschäft: Harrison Ford ist nach einschlägigen Quellen ebenso ein „Ausnahmeschauspieler“ wie Tom Hanks oder Bradley Cooper. Daniel Day-Lewis und Christian Bale hingegen gelten als „Extremschauspieler“, während Joaquin Phoenix als „Großschauspieler“ firmiert. Wer ist dann Kleinschauspieler? Danny DeVito? Laut einer TV-Zeitschrift ist „Lara“ ein „Ausnahmefilm von einem Ausnahmeregisseur“. Als „Extremmusiker“ neben all den Ausnahmesängern und Ausnahmegeigern gilt derweil der Pianist Fazil Say. Thomas Bernhard wird als „Extremschriftsteller“, Hans Magnus Enzensberger als „Ausnahmeschriftsteller“ gepriesen. Gerade meldet mir mein Computer, es sei ein schwerer Ausnahmefehler aufgetreten. Es waren wohl zu viele Ausnahmeschauspieler und Extremkünstler in diesem Text. Ich muss daher jetzt unseren Ausnahmetechniker anrufen, damit er das Problem behebt – oder am besten gleich den Extremsystembetreuer.

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