Für alle, die geschraubt daherreden wollen, gibt es inzwischen eine aufgeblasene Vokabel mehr. Ein Fußballtrainer sagt, dass in vielen Spielen „das Momentum eine entscheidende Rolle spielt“. Einer seiner Kollegen erklärt: „Das Momentum spricht für uns.“ Ein Torwart fordert, seine Mannschaft müsse „das Momentum zurückholen.“ Im Sport ist das Momentum besonders häufig anzutreffen. Ein Handballtrainer sagt: „Wir haben es nicht geschafft, das Momentum auf unsere Seite zu ziehen.“ Der Fußballspieler Jürgen Wegmann meinte einst: „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech hinzu.“ Heute müsste er sagen: „Das Momentum war nicht auf unserer Seite.“ Doch das Momentum ist längst nicht mehr nur auf den Sport beschränkt. Daimler-Chef Dieter Zetsche sieht auf dem Automobilmarkt „ein positives Momentum, das sich aufbaut“. Die Linke will „das Momentum nutzen“, die Christsozialen sehen „ein Momentum für die CSU“. Ist das alles nur eine Momentaufnahme, pardon: Momentumaufnahme des Sprachgebrauchs oder von Dauer? Da bin ich im Momentum überfragt. Ich habe aber folgende Vermutung. Bald werden Verkäufer zu Kunden sagen: „Ein Momentum bitte, ich bin gleich bei Ihnen!“ Ein Spirituosenhersteller wird mit dem Slogan werben: „Genießen Sie das Momentum!“ Und nachdem es schon ein Buch und einen Kinofilm mit dem Titel „Momentum“ gibt, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Musikindustrie das Momentum nutzt und Whitney Houstons großen Hit mit einem überarbeiteten Titel auf den Markt bringt: „One Momentum in Time“.
Scheurings Wort zum Samstag: Genießen Sie das Momentum!
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