Ich war gerade eine Woche lang in den USA. Gleich nach der Landung in Phoenix, Arizona, auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel, wollte der Fahrer von mir wissen, was denn die Menschen in Europa vom derzeitigen US-Präsidenten hielten. Ich antwortete: „Wir alle lieben ihn. Er ist großartig.“ Das habe ich natürlich nicht wirklich gesagt, ich habe es etwas anders formuliert. Der Fahrer meinte dann, fast entschuldigend, in seinem Land fänden alle Trump furchtbar. Ich entgegnete, das könne nicht sein, denn dann wäre er nicht gewählt worden. Ein anderer US-Bürger sagte mir, früher habe er geglaubt, Sarah Palin, die republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin von 2008, sei in Sachen Dummheit und Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Heute wisse er, das geht. Trump stelle alles in den Schatten. Zurück in Deutschland, hörte ich neue Nachrichten vom Großen Weißen Vater in Washington. Trotz des Mordes an dem Journalisten Jamal Kashoggi sei Saudi-Arabien ein „großartiger Partner“ der USA, sagte Trump, denn das Land halte die Ölpreise niedrig und habe Milliardenaufträge mit der US-Rüstungsindustrie abgeschlossen. Im Klartext: Mörderbanden, Staaten oder Mächte können tun, was sie wollen – solange man von ihnen geschäftlich profitiert, bleiben sie Freunde. Das sind die hohen moralischen Standards, nach denen Donald Trump seine Politik ausrichtet. Vermutlich funktioniert die Welt in großen Teilen so, auch wenn die Realität verbrämt wird. Aber bei Trump wird sie, weil er skrupellos und schamlos Interessenpolitik betreibt, sichtbar. Zumindest dafür muss man ihn lieben.
Scheurings Wort zum Samstag: Ein großartiger Partner
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