Dass der Klimawandel bereits Folgen für Deutschland hat, schwant vielen nicht erst seit dem langem Dürresommer. „Heißzeit“ – diesen Begriff kürte die Gesellschaft für deutsche Sprache am Freitag zum „Wort des Jahres“. Als Symbol dafür, „dass wir uns in einem Klimawandel befinden“, sagte Jurychef Peter Schlobinski. Die Klimawissenschaftler geben dem Sprachforscher recht: „Der Klimawandel ist nicht etwas, was wir in ferner Zukunft erleben werden, sondern wir befinden uns bereits mittendrin“, sagt Meteorologe Tobias Bayr vom renommierten Kieler Geomar-Institut.
„Die Sommer werden trockener und die Winter eher feuchter“, so Bayr. Dabei würden in Zukunft die Extreme noch weiter zunehmen: Phasen der Dürre und andrerseits von Extremniederschlägen. „Solche Unwetterkatastrophen wie 2016 in Simbach und Braunsbach werden wir häufiger erleben“, sagt der Kieler Forscher. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird die Erderwärmung bei mindestens drei Grad Ende des Jahrhunderts landen“, warnt er mit Blick auf die mathematischen Simulationen internationaler Klimaforscher. „Bei drei Grad werden die Auswirkungen in Deutschland noch dramatischer sein.“
Zwei Wochen lang rangen im polnischen Kattowitz Politiker aus knapp 200 Staaten auf der UN-Klimakonferenz darum, wie sich die Erderwärmung konkret auf das vereinbarte Ziel von eineinhalb bis zwei Grad begrenzen lässt und wie dabei verbindliche Maßnahmen und finanzielle Hilfen für betroffene Staaten aussehen sollen. Die Verhandlungen verliefen dabei jedoch noch zäher als erwartet. SPD-Umweltministerin Svenja Schulze zeigte sich zuversichtlich, dass in der Nacht zum Samstag ein 140 Seiten langes Kompromisspapier vorliegen sollte. Auch Anja Weisgerber, CSU-Bundestagsabgeordnete aus Schwebheim und Teilnehmerin der Konferenz, äußerte sich am Freitag optimistisch: „Kattowitz wird die Erfolgsgeschichte von Paris fortschreiben.“ Nur wenn die Klimaschutz-Maßnahmen der einzelnen Vertragsstaaten „transparent und kontrollierbar“ seien, könne es „gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle“ geben. „Nur dann kann gegenseitiges Vertrauen entstehen“, sagte Weisgerber mit Blick auf das erwartete Verhandlungsergebnis.
Martin Kaiser von Greenpeace zeigte sich unzufrieden: „Der bisherige Text sorgt nicht dafür, dass sofort und verstärkt Kohlekraftwerke abgeschaltet werden oder weniger Verbrennungsmotoren auf die Straße kommen.“ Die Sofortmaßnahmen seien aber unabdingbar, solle der diesjährige Dürresommer nicht nur ein Vorgeschmack gewesen sein. „Wir steuern ungebremst auf eine CO2-bedingte Heißzeit zu, und bislang ändert diese Konferenz nichts am Kollisionskurs.“ Klimaforscher Bayr verwies auf die „sehr schwierige Ausgangslage, nachdem sich die US-Regierung unter Präsident Donald Trump vom Ziel des Klimaschutz verabschiedet hat und danach auch andere Länder umschwenken wollen“. Um das Ziel, die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts noch auf zwei Grad zu begrenzen, „läuft uns inzwischen die Zeit davon“.
Denn um den Treibhauseffekt abzubremsen, müssten alle Staaten insgesamt den Ausstoß von Kohlendioxid reduzieren, der bei Verbrennung von Energieträgern wie Erdöl und Kohle entsteht. „Je später man anfängt, den Ausstoß endlich zu reduzieren, umso drastischer werden die Einschnitte ausfallen müssen“, warnte Bayr. Zudem stiegen die Kosten für Ernteausfälle, Unwetterschäden und andere Folgen.
Noch drastischer formuliert es sein Potsdamer Kollege Hans Joachim Schellnhuber, der am Freitag enttäuscht von der Klimakonferenz abreiste: „Kaum ein Staat tut genug. Wir fahren diesen Planeten gerade an die Wand. Und niemand steigt auf die Bremse, sondern alle drücken das Gaspedal.“
Welchen Beitrag jeder Einzelne zu mehr Klimaschutz leisten kann, fasst der Würzburger Geografie-Professor Heiko Paeth so zusammen: nicht mehr fliegen, kleinere oder gar keine Autos fahren, weniger Fleisch essen und regionale Produkte kaufen. „Mit diesen vier Dingen würden wir unsere Lebensqualität kaum einschränken, vielleicht sogar verbessern, und es würde viel erreicht für den Klimaschutz.“