Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist demonstrativ entspannt, als er kurz vor zehn Uhr in den Bayerischen Landtag kommt. Sein heutiger Besuch im Parlament sei „der Höhepunkt der Woche“ sagt er freundlich lächelnd. Und: „Ich finde es gut, dass das Thema jetzt einem Ende zugeführt wird.“
Das Thema ist die Privatisierung der rund 33 000 GBW-Wohnungen im Zuge der Sanierung der BayernLB im Jahr 2012 – davon rund 4 000 Wohnungen in Unterfranken. Rund vier Stunden muss sich Söder an diesem Freitag einer Befragung im GBW-Untersuchungsausschuss des Landtags unterziehen.
Opposition wirft Söder Lüge vor
Im Kern sind es noch zwei Vorwürfe, die SPD, Grüne und Freie Wähler dem damaligen Finanzminister dort machen. Erstens: Söder habe gelogen, als er Anfang 2012 erklärte, die EU-Kommission habe dem Freistaat Bayern verboten, die GBW von der Landesbank selbst zu kaufen. Zweitens: Die Staatsregierung habe gar kein Interesse gehabt, im Sinne des Mieterschutzes Eigentümer der GBW-Wohnungen zu werden.
Söder verteidigt sich vehement gegen diese Vorwürfe: „Wir haben alles versucht, was rechtlich möglich war“, sagt er im Ausschuss. „Es war aber immer klar, dass wir nie frei waren. Die EU war immer Herrin des Verfahrens.“ Zur Unterstützung dieser These zitiert der CSU-MdL Ernst Weidenbusch später aus einem E-Mail-Verkehr im März 2012 zwischen den zuständigen Sachbearbeitern in München und Brüssel: Darin schloss die EU-Kommission den von Söder ursprünglich angestrebten Exklusivverkauf an betroffene Kommunen aus – und analog auch einen Exklusivverkauf an den Freistaat. Eine Teilnahme Bayerns am verlangten Bieterwettbewerb wurde zwar nicht explizit abgelehnt – allerdings ausdrücklich vor einem neuen Beihilfe-Verfahren wegen illegaler Staatsfinanzierung gewarnt.
Deutliche Warnung in „EU-Deutsch“
Damit seien die Hürden so hoch gelegt worden, dass ein Kauf „faktisch verboten“ war, beteuert Söder mehrfach: „Diese Formulierungen im verklausulierten EU-Deutsch waren so deutlich, dass man gar nicht anderes hätte handeln können“ als von einem eigenen Gebot Abstand zu nehmen, findet er.
Vor allem die SPD sieht dies völlig anders. Unbeeindruckt von der noch laufenden Ausschuss-Diskussion wirft SPD-Chefin Natascha Kohnen Söder per Pressemitteilung vor, „die bayerische Bevölkerung hinters Licht zu führen“: Von möglichen Konsequenzen eines Kaufs hätte sich Söder im Sinne der GBW-Mieter nicht abschrecken lassen dürfen, findet sie forsch: Schließlich nehme die CSU-Regierung auch sonst „sehenden Auges Klagen in Kauf“.
Im Ausschuss stellt der unterfränkische SPD-MdL Volkmar Halbleib zudem in Frage, „ob die BayernLB wirklich zusammengebrochen wäre, wenn der Freistaat die GBW gekauft hätte“. Halbleib wirft Söder vor, den EU-Widerstand nur vorzuschützen: In Wahrheit habe er die Wohnungen gar nicht kaufen wollen. Weil er den Bedarf für sozialen Wohnraum missachtet habe. Und weil er sich nicht mit 85 000 Mietern herumschlagen wollte.
Söder: Wollte keine Abenteuer
Mögliche politische Belastungen durch staatseigene Mietwohnungen „hätten mich jetzt nicht geschreckt“, entgegnet Söder. Bei einer Zerschlagung der BayernLB durch die EU hätte dem Freistaat, der Bank und den Sparkassen jedoch ein „finanzieller Tsunami“ gedroht, warnt Söder. Ein solches „Abenteuer“ habe er jedenfalls nicht eingehen wollen: „Wie irre müsste ein Staat sein, wenn er diese Warnlampen übersehen hätte.“