Redakteur Folker Quack stellt in seinem Leitartikel die Frage: „Lässt sich der neue Umgang der Politik mit wissenschaftlichen Fakten auch auf andere Themen übertragen?“ Er beantwortet seine Frage selbst. „Der neue Respekt vor den Fakten würde diesen Themen guttun“, lautet sein richtiges Fazit, indem er einige Themen, wie z.B. Klimawandel, Umweltschutz und Mobilitäts- und Energiewende auflistet. Hat es erst einer derartigen Katastrophe wie diese Corona-Pandemie bedurft, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen? Offensichtlich „Ja“, zumindest für die Entscheidungen im Bereich der Energieversorgung Deutschlands.
Die bisher deutlichen Verfehlungen der Ziele im Bereich der Energiewende legen genau diese Nichtbeachtung von Fakten und physikalischen Gesetzmäßigkeiten schonungslos offen. Ich hoffe sehr, dass uns die Pandemie in Deutschland wieder zu einer rationalen, ideologiefreien und faktenbasierten Bewertung der zukünftigen Energieversorgung bringen wird.
Einige Fakten, die es zu berücksichtigen gilt, sind z.B.: Der Stromsektor in Deutschland beträgt nur ca. 20% des gesamten Endenergiebedarfs. Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromsektor beträgt ca. 40 %. Die (unrealistischen) Forderungen nach 100% Erneuerbaren im Stromsektor, lassen also 80% der Energieversorgung unbeantwortet. Windräder und Photovoltaik liefern keine Wärme, Dampfkraftwerke schon. Mit volatiler Erzeugung kann keine Versorgung im eigentlichen Sinne sichergestellt werden. Es gibt keine großtechnisch nutzbare Speichermöglichkeit von Strom.
Bei einem Strompreis von ca.30 ct/kWh haben wir in Deutschland mit die teuersten Strompreise in Europa. In Frankreich werden nur ca.15 ct/kWh bezahlt. Die EEG-Fördersummen betragen z.B. für 2017: 24,2 Mrd. Euro und für 2018: 25,7 Mrd. Euro. Wir emittieren in Deutschland je nach Energiemix ca. 300 bis 600 gCO2/kWh. In Frankreich sind es mit 50 bis 60 gCO2/kWh nur ca. 10% des deutschen Wertes.
Wenn man jetzt die noch nicht ansatzweise überschaubaren Herausforderungen der Corona-Pandemie , wie z.B. Neujustieren des Gesundheits- und Pflegewesens, Sanierung der maroden Schulen bedenkt, dann heißt das Gebot der Stunde: Zurück auf Anfang. Raus aus der bisherigen „Sackgasse Energiewende“ durch z.B. Abschaffung des EEG mit seinem nicht mehr zu überblickenden Dickicht an Verordnungen. Berücksichtigung der Fakten. Realistische Einschätzung der zukünftigen Herausforderungen im Bereich der Energieversorgung. Dies gilt nicht nur deutschlandweit (z.B. E-Mobilität erfordert niedrige Strompreise), sondern insbesondere auch global (1 Milliarde Menschen will Zugang zur Elektrizität).
Reinhold Scheuring, 97519 Riedbach