Der 93-jährige Gastkommentator Klaus von Dohnanyi hat als Staatsmann, Jurist, Wirtschaftsexperte, Abgeordneter, Hamburger Bürgermeister und polyglotter Atlantiker mit vielen Verbindungen eine wahrliche Jahrhundertkarriere absolviert. Persönliche Hochachtung hin oder her – mich wundert die reduzierte Betrachtung zur Russland-Ukraine-Krise auf eine angeblich US-amerikanische. Die Wahrheit ist doch, dass Russlands Wladimir Putin und seine Funktionärselite den Zerfall der Sowjetunion 1991 bis heute nicht verwunden haben. 15 einstige Mitgliedsländer haben sich seither vom Kreml-Regime abgewandt. Die Ukraine hat 1994 zur Garantie ihrer Unabhängigkeit einseitig sogar auf ihren Status als sicherer Atommacht verzichtet. Wer garantiert heute eigentlich die Unabhängigkeit, den souveränen Staat der Ukraine? Moskau erkennbar sicher nicht. Die wahre Fehleinschätzung möglicher Demokratie und Meinungsfreiheit in der Russischen Föderation begann mit Michael Gorbatschow über Boris Jelzin bis zu Bill Clinton. Präsident Wladimir Putin schrieb noch im Sommer 2021, die Unabhängigkeit der Ukraine und der Zerfall der Sowjetunion sei eine historische Tragödie, die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts.
Jochen Freihold, 14052 Berlin