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Unqualifizierte Behauptungen
Zu den Artikeln "Deutsch mangelhaft" und "In den Schulheften blindes Chaos" (6.12.)
Redaktion
 |  aktualisiert: 13.12.2012 19:48 Uhr
Als engagiertes Lehrerteam einer Grundschule haben wir mit großer Aufmerksamkeit die Artikel in der Main-Post „Deutsch mangelhaft“ und „In den Schulheften ‚„blindes Chaos“’ gelesen. Wir sind entsetzt, dass hier unqualifizierte Behauptungen so ungeprüft erscheinen. Im Folgenden möchte ich zu einigen Sätzen Stellung nehmen:
Mangelnde Rechtschreibkenntnisse führen noch lange nicht zur Note „mangelhaft“ im gesamten Fach Deutsch (Es gibt 5 Fachbereiche!). Deshalb ist alleine die Überschrift nicht korrekt. Dass Herr Schmidt mangelnde Rechtschreibkenntnisse von einer Schreiblernmethode ableiten will, ist ebenfalls reine Spekulation, die wir aus unserer Erfahrung entschieden zurückweisen wollen. Als Gründe hierfür kann man vieles vermuten (Leseverhalten, Sprache lernen im Elternhaus (z.B. deutlich sprechen = Laute hören!), ein breiteres Begabungsspektrum der heutigen Gymnasiasten gegenüber früher, denn heute besucht ein wesentlich höherer Prozentsatz unserer SchülerInnen diese Schulart, folglich treten auch mehr Kinder über, die schlechter im Rechtschreiben sind...) Bitte nicht einfach etwas behaupten, wovon ich jetzt einfach einmal unterstelle, Herr Schmidt wohl keine Ahnung hat.
Lautgetreues Schreiben ist eine Methode, sich bereits vor dem Erwerb fundierter Rechtschreibkenntnisse schriftsprachlich ausdrücken zu können. Sehen wir doch mal genauer hin. Welches Erstklasskind liest sich den Brief an die Oma öfters genau durch und prägt sich dadurch eigene Fehler ein? Scheerer/Neuman haben in „ABC und Schriftsprache“, (Hrsg. Brügelmann) bereits vor 10 Jahren widerlegt, dass sich falsch Geschriebenes einprägt! Über das lautgetreue Schreiben bekommt die Lehrkraft aber eine Einschätzung der phonologischen Bewusstheit des Kindes, sie kann also feststellen, ob es Probleme bei der Aussprache gibt, die zu Rechtschreibproblemen führen könnten. Wir alle wissen doch auch, dass wir uns vieles durch Wiederholung merken, indem wir z.B. beim Lesen (von Büchern!!!) immer wieder den gleichen Wortbildern begegnen. Wir haben außerdem die Erfahrung gemacht, dass gerade die Kinder, die besonders intensiv mit der Anlauttabelle arbeiten, früher zu sicheren Rechtschreibern heranreifen! Parallel zum lautgetreuen Schreiben läuft natürlich der Rechtschreiblehrgang, der vermittelt, welche Wörter lautgetreu (Mitsprechwörter), oder nach bestimmten Regeln geschrieben werden. Also – bitte keine Spekulationen, sondern wissenschaftlich fundierte Aussagen treffen!
„Mehr Aufsätze schreiben“: Mal im Ernst, wie soll ein Schüler durch das Schreiben von Aufsätzen Rechtschreibsicherheit erlangen? Im Gegenteil, das rote Schlachtfeld, das Lehrer beim Korrigieren eines rechtschreibschwachen Aufsatzes anrichten, soll motivierend wirken? (Oder soll man im Gymnasium nicht mehr motiviert sein?)
„Das bisschen Englisch haben wir in 2 Monaten durchgenommen“: Nachhaltiges Lernen, das war Pestalozzi, Herr Schmidt!, geschieht mit „Kopf Herz und Hand“. Ich kann viel in zwei Monaten „durchnehmen“. Gerade das kann aber den Unterschied zwischen Englisch in Grundschule und dem Gymnasium ausmachen. Lernen mit Spaß und auf allen „Lernkanälen“ ist eben nachhaltig und steht Vokabelpauken unter Leistungsdruck gegenüber. (Liebe engagierte GymnasialkollegInnen, seht uns das Plakative bitte nach, wir wissen, man steht wegen G8 enorm unter Zeitdruck!). Und da sind wir beim Unterschied zwischen Menge und Qualität!
„Das Abziehverfahren muss weg“: Wir GrundschullehrerInnen unterrichten das ganze Spektrum gleichaltriger Kinder. Es ist erwiesen, lesen Sie bitte einmal bei Maria Montessori, dass Kinder, die zum Rechnen Vorstellungshilfen brauchen, gerade mit dem derzeitigen Subtraktionsverfahren (durch Tauschen von beispielsweise einem Zehner in zehn Einer) das Subtrahieren wirklich schlüssig veranschaulicht werden kann. Ergänzen ist kein Subtrahieren! Außerdem schauen wir mal zu unseren europäischen Nachbarn rüber. Wer arbeitet dort mit dem Ergänzungsverfahren?

Thomas Blendinger, 97274 Leinach
im Namen des Kollegiums der Grundschule Leinach
 
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