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Seehofer ist kein Mahnern, sondern ein Agitator
Zum Artikel "CSU kritisiert Merkels Flüchtlingspolitik scharf" (07.09):
Redaktion
 |  aktualisiert: 30.09.2016 03:49 Uhr
Es ist einerseits der stete bayerische, oft derbe Drang zum Spektakel. Zum anderen die Intim-Feindschaft von Horst Seehofer als vermeintlich weniger Beachtetem auf der großen Weltbühne gegenüber der Kanzlerin. Alles überlagert durch das Erfordernis der weiß-blauen Regierungspartei, sich eine möglichst große Fülle an Macht, Pfründen und Einfluss jenseits des eigenen Horizonts auf ewige Zeiten zu sichern. Ein Minderwertigkeitskomplex, der auf den Anschluss Bayerns an das Deutsche Reich 1871 zurückgeht. Vorbei war es damals mit dem Königtum, das noch im Märchenkönig Ludwig II. und dessen Verschwendungssucht kulminiert hatte. Tarsächlich haben Franken und Bayern heute allen Grund zu stolzem Selbstvewusstsein auf Grund eigener Leistung und weltweiten Ansehens nicht nur seiner Folklore, der Automobile, des Bieres und des Weines wegen. Doch Horst Seehofer, der ständige Spötter und Stichler, ist sich offenbar fortdauernd nicht zu schade, das Format und die Leistungen anderer in Frage zu stellen. Er schreckt nicht einmal davor zurück, beim vergangenen Heimspiel eines CSU-Parteitags Angela Merkel vor versammelter Mannschaft zu demütigen und dem Versuch, das großartige Engagement von immerhin inzwischen acht Millionen ehrenamtlichen Bundesbürgern bei der Flüchtlingshilfe zu demotivieren, indem er andauernd Kurskorrekturen fordert. In Wahrheit war er längst bei allen Anpassungen und Verbesserungen zuvorderst ein Mitentscheider. Sowohl in der fortschreitend strengen Asylgesetzgebung, als auch bei der immer besser funktionierenden Integration. Er wolle diese Berliner Politik nicht, diese Aussage Seehofers kommt just in der Phase, wo sich mehr als ein Silberstreif am Horizont auftut. Sucht er ein Dolchstoß-Alibi kurz vor der Berliner Wahl zum Abgeordnetenhaus? Das hier zu erwartende desaströse CDU-Ergebnis wird in allererster Linie auf den dortigen Spitzenkandidaten und die katastrophale Senatspolitik in vielen Bereichen zurückzuführen sein, nicht aber auf die große Zahl der Flüchtlinge. Berlin und Deutschland verkraften diese längst. Da hat die Kanzlerin recht. Ständig Ängste auf dem Rücken schutzbedürftiger Minderheiten zu schüren, die Bevölkerung in der vermeintlich möglichen Abwehr von fortwährenden, häufig auch notwendigen Veränderungen fehlzuleiten, schadet der sich immer stärkeren Entfaltung von Integration und fördert destruktiven Rechtspopulismus. Viele Biedermänner sind die eigentlichen Brandstifter. Über 700 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte allein 2016 sind beschämend für unser Land.
Jochen Freihold, 14052 Berlin-Charlottenburg
 
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