Auch wenn Fachleute sich nicht einig sind über die Anzahl antisemitischer Schmähreliefs an Kirchen in Deutschland („zwei, vielleicht drei Dutzend ,Judensau'-Darstellungen“, Matthias Drobinski, „Süddeutsche Zeitung“), ist ein jedes Schandmal dieser Art wie in Wittenberg eines zu viel. Peinlich für Staat und Kirchen ist es, wenn so „eine perverse Sauerei“ (Michael Wolffsohn im DLF über das Wittenberger Schmährelief) andernorts noch immer ohne Befassung mit den antijudaistischen Wurzeln des Christentums bis zum rassistischen Antisemitismus der Nazis und Neonazis offen sichtbar und beliebig deutbar bleibt. Sollten die Schmähreliefs jeweils an Ort und Stelle sichtbar bleiben, können sie das nur, wenn sie als entsprechend kommentierte Mahnmale der Schande in ihrem historischen Kontext interpretiert werden, ansonsten gehören sie abgehauen, wie man das nach dem Ende des Nazireiches mit den Hakenkreuzen im gesamten öffentlichen Raum tat.
Frank Stößel, 97299 Zell am Main