Was meines Erachtens besonders ärgerlich an dem Begriff „Querdenker“ ist, ist, dass die Fähigkeit quer zu denken eigentlich eine Errungenschaft eines kritisch-aufgeklärten Denkens ist, das bereits in der griechischen Antike zum Beispiel in den Dialogen des Philosophen Sokrates auftaucht. Es ist ein Nachdenken, das „Querverbindungen herstellt“ im Sinne von über die Fixierung des eigenen Denkens hinaus denken. Genau das aber vermögen oder wollen diese Pseudo-Querdenker nicht. Dem entspricht eher, was man umgangssprachlich nennt „ein Brett vor dem Kopf haben“. Mit dieser Redeweise assoziieren wir, dass jemand dieses Brett quer vor dem Kopf hat. Damit will man sagen, dass ihm der Blick in die Breite und Weite verbaut ist. Echtes Querdenken jedoch heißt, einen „breiten“ und „weiten“ gedanklichen Horizont haben. Wie der Kommentator zu Recht betont, ist ein radikales und zynisches Denken, geschichtsvergessenes und plakativ-nivellierendes (was mehr ist, als ein relativierendes) Denken, perfides und andere Personen (zum Beispiel die eigenen Kinder) instrumentalisierendes Denken – kurz „verqueres“ Denken – noch lange kein wirkliches Nach- und Querdenken! Wesentliche Merkmale dieses Pseudo-Querdenkens sind Rechthaberei, Unredlichkeit und Rücksichtslosigkeit.
Winfried Wagner,
97422 Schweinfurt