Öffentlichkeit und Kirchenanhänger sind wieder einmal bestürzt über die katholische Kirche und ihre Handelnden. Diese Sichtweise erstaunt. Offensichtlich beherrschen noch immer Unwissenheit und der schlichte Glaube an die Unfehlbarkeit und Makellosigkeit selbsternannter „Gottgesalbter“ die Gemüter, während historische und dokumentierte Fakten, Kritik und Aufklärung verdrängt werden. O sancta simplicitas!
Seit dem Aufkommen des Christentums dominieren dogmatische Lehren, die jederzeit ausgewechselt werden können; Beispiel gefällig? Jahrhunderte lang ängstigte der Sturz ungetaufter Kinder nach dem Tod direkt in die Hölle das Kirchenvolk, bis Herr Ratzinger diese „Wahrheit“ vor wenigen Jahren aufhob und durch eine neue, nicht weniger abstruse ersetzte. Machtgeilheit, Fundamentalismus, Lüge, Intoleranz Menschenfeindlichkeit und eine unbarmherzige Härte gegen vermeintlich gestrauchelte Laien gehören zum Grundstock jeder Religion. Auf diese Weise hielt und hält man kritische Geister klein und den Rest der Gesellschaft in Unmündigkeit. Theologische Machenschaften solcher Art sind zudem erprobte Abwehrmittel gegen „falsche“, nämlich konkurrierende Religionen.
Ich habe als Kind in den 50-Jahren Prügelorgien und hässlichste Angstmacherei als erzieherische Maßnahmen gottliebender Pfaffen und Jesusbräute selbst erlebt. Von Menschenfreundlichkeit und göttlicher Ausstrahlung der „Heilsverkündenden“ keine Spur, wie überhaupt die katholische Institution vom Ortspfarrer bis zum Papst die hoch angesetzte „Nächstenliebe“ schon immer konsequent hintertrieb; sie gilt lediglich als Droge zur Ruhigstellung und Gängelung der Schafe und zur Rechtfertigung aggressiver Untaten. Und nun sollen verknöcherte, reformunfähige Amtsträger für geschändete Missbrauchsopfer schlagartig Empathie empfinden? Zum Kringeln!
Nachdenklichen empfehle ich in diesem Zusammenhang die Lektüre der Bücher: a) „Monotheismus und die Sprache der Gewalt“ von Jan Assmann, b) „Kirchengötter und Komplizen“ von Peter Frey-Denker, c) „Kriminalgeschichte des Christentums“ u. a. von Karlheinz Deschner. Sie gibt einen tiefen Einblick in Lehre, Denken und tatsächliches Handeln der christlichen und anderen Religionen, sie leitet zum kritischen Weiterdenken an und bewahrt vor inhumanem Kadavergehorsam, wie er noch heute von „Wohltätern*innen in der Soutane“ z. B. in Polen oder Russland eingefordert wird.
Zum Schluss eine Bitte an die Medien: Benennt Pädophilie, (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen und Kinder oder religiösen Terror endlich klar und eindeutig als Verbrechen und nicht verharmlosend als Vergehen oder - noch bagatellisierender - als Fehlverhalten. Es schmerzt, dass der deutsche Staat bei kirchlichen Schandtaten kneift und die deutsche Justiz in Gestalt von Staatsanwalt bis Richter oftmals ein Bild der Hilflosigkeit, des Duckmäusertums und des Versagens abgibt. Besonders problematisch ist, wenn persönlicher Glaube die Urteilsfähigkeit von Entscheidungsträgern trübt, wie aktuell der Rücktritt eines deutschen Generals aufweist. Ein Einzelfall? Wohl kaum!
Hubertus Karsten, 97421 Schweinfurt