Opium für die Rentner
Zum Artikel "Bundeszuschuss in die Rentenkasse steigt dramatisch" (16.8.):
Schon die Überschrift ist falsch, da es sich nicht um einen Zuschuss, sondern lediglich um eine teilweise Aufwandserstattung des Staats an die Rentenversicherung (RV) handelt, die für den Steuerzahler staatliche Sozialleistungen, die sogenannten versicherungsfremde Leistungen, erbringen muss. Allerdings durften jetzt die erstaunten Leser am 16.8. in der Main- Post erfahren, dass diese Aufwandserstattungen an die RV bis 2017 um mehr als 10 Prozent auf über 90 Mrd. Euro steigen werden. Das ist das krasse Gegenteil von dem, was unser Finanzminister Schäuble in der Vergangenheit immer als Devise ausgegeben hat. So hat er es z.B. abgelehnt, zusätzliche versicherungsfremde Leistungen, wie die von CDU/CSU beschlossene Mütterrente, der RV zu erstatten. Gleiches galt für die zwischenzeitlich gescheiterte Zuschussrente. Die Rentenkasse ist nämlich gut gefüllt, dank einerseits gestiegener Einnahmen bei andererseits gleichzeitig extrem niedrigen Ausgabenerhöhungen, zurückzuführen auf massive Rentenkürzungen, die ja auch in Zukunft weitergehen werden. Außerdem zahlt der Bund dank gesunkener und weiter sinkender Beitragssätze künftig automatisch Milliarden weniger in die Rentenkasse ein. Und der haushaltspolitische Sprecher der CDU, Norbert Barthle, hatte bereits konkret gefordert, Milliardenbeträge aus der Rentenkasse zur Sanierung des Staatshaushalts zu verwenden. Das alles führt automatisch zu niedrigeren Aufwandeserstattungen des Bunds an die RV, nicht aber zu den angekündigten Steigerungen. Und wofür dann das viele der RV zugedachte Geld überhaupt Verwendung finden soll, wurde auch verschwiegen. Warum also das Ganze? Anscheinend hat die Bundesregierung mit den 16 Mio. Westrentnern ein ernstes Problem, da deren Altersbezüge im Juli nur um 0,25 % gestiegen sind, bei gleichzeitiger Kürzung von 1,25 % der Rentenanpassung. Und dieses Problem hat einen konkreten Namen: “Bundestagswahl“. Deshalb müssen jetzt also positive Nachrichten für diese Wählergruppe in die Welt gesetzt werden. Diese neueste Nachricht passt somit genau zur Veröffentlichung einer Studie vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel vor gut 2 Monaten, mit der für 2014 eine Rentenerhöhung von 2,8 % prognostiziert wurde, was aber seriöserweise heute noch niemand auch nur annähernd vorhersagen kann. Das sind also in Wirklichkeit alles nur Beruhigungspillen, deren Haltbarkeitsdatum am 22.9.2013 abläuft, oder anders ausgedrückt: Opium für die Rentner.
Theo Sauer, 97440 Werneck
Theo Sauer, 97440 Werneck
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